Stundung einer Kaufpreisforderung: Steuerpflichtige Kapitalerträge trotz Zinsverzicht?
Das FG Schleswig-Holstein hat sich jüngst mit der Frage befasst, ob bei einer Kaufpreisstundung bei Grundstücksverkäufen innerhalb der Familie Einkünfte aus Kapitalvermögen entstehen. Das Urteil ist besonders interessant, weil es auch um die Frage geht, ob bei einem Sachverhalt sowohl Schenkung- als auch Einkommensteuer anfallen können.
Grundstücksübertragung an die Tochter
Mit Urteil vom 17.9.2024 (Az.: 4 K 34/24, Rev. mit BFH-Az.: VIII R 30/24) entschied das FG Schleswig-Holstein über folgenden Fall: Die Kläger hatten ihrer Tochter ein im Privatvermögen gehaltenes Hausgrundstück verkauft. Der Kaufpreis wurde im notariellen Übertragungsvertrag gestundet und sollte in monatlichen Raten gezahlt werden. Eine Verzinsung war vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Der Verzicht auf Zinsen wurde als schenkweise Zuwendung an die Tochter festgehalten. Das Finanzamt ging dennoch von einem versteckten Zinsanteil innerhalb der Ratenzahlung aus und unterwarf diesen der Besteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Nach erfolglosem Einspruch klagten die Steuerpflichtigen.
Steuerpflichtiger Kapitalertrag?
Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht gab der Klage statt. Nach Auffassung des Gerichts liegt in der konkreten Vertragsgestaltung kein steuerpflichtiger Kapitalertrag. Zwar könne die Stundung eines Kaufpreises grundsätzlich als Darlehensgewährung mit möglichem Kapitalertrag zu werten sein – dies gelte aber nicht, wenn der Zinsverzicht ausdrücklich vereinbart und als Schenkung qualifiziert wurde. Die rechnerische Differenz zwischen dem Nominalkaufpreis und einem fiktiven Barwert sei in diesem Fall nicht als Entgelt für die Kapitalüberlassung, sondern als freigebige Zuwendung einzuordnen. Für diese greife der Anwendungsvorrang der Schenkungsteuer, sodass eine einkommensteuerliche Erfassung ausscheide.
In einer früheren Entscheidung hatte das Finanzgericht Köln (Urteil vom 27.10.2022, Az.: 7 K 2233/20, Rev. mit BFH-Az. VIII R 1/23) eine abweichende Sichtweise vertreten. Es hielt eine Doppelbelastung durch Einkommen- und Schenkungsteuer für systemimmanent und verfassungsrechtlich nicht bedenklich, sofern jede Einzelsteuer folgerichtig angewendet werde.
Somit ist die Frage, ob ein Zinsverzicht im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung steuerpflichtige Einkünfte auslöst oder als schenkweise Zuwendung einzuordnen ist, derzeit nicht abschließend geklärt. Der BFH wird in den anhängigen Revisionsverfahren entscheiden müssen, ob die Ertragsbesteuerung in solchen Fällen tatsächlich hinter die Schenkungsteuer zurücktritt.