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Rechnungslegung & Finanzen
02. Juni 2025
WPin Friederike Rolshoven / Christoph Terres

Neue IFRS-Regelung zu Stromlieferverträgen

Windräder auf grünem Feld

Für Unternehmen ist es in einer Zeit politischer Instabilitäten und der Zunahme der Bedeutung erneuerbarer Energien wirtschaftlich sinnvoll, zum Energiebezug langfristige Verträge abzuschließen. Bei der Bilanzierung nach IFRS sind dabei neue Vorgaben zu beachten.

Bilanzieller Ansatz langfristiger Stromlieferverträge

Langfristige Verträge zur Lieferung von Strom zu einem festgelegten Preis werden als Power Purchase Agreements (PPA) bezeichnet. Charakteristisch ist bei diesen Verträgen, dass für den Abnehmer die Menge nicht feststeht. Bei der Beschaffung von naturabhängigem Strom besteht die Schwierigkeit, dass es keine Sicherheit gibt, wann und wie stark z.B. der Wind im kommenden Jahr wehen oder die Sonne scheinen wird. Dadurch ist die erzeugte und damit abzunehmende Strommenge im Zeitablauf variabel. Weil Strom abgesehen von Batteriespeichern nicht lagerfähig ist, ist das den Strom beziehende Unternehmen faktisch dazu gezwungen, den nicht benötigten Strom weiter zu veräußern (Risiko der Überversorgung). Dabei ist der Marktpreis zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht vorhersehbar, wodurch Gewinne oder Verluste entstehen können.

PPAs dienen zum einen der Deckung des eigenen Strombedarfs und zum anderen der Absicherung gegen zukünftige Strompreisschwankungen. Aufgrund der Volatilität der produzierten Strommenge konnte der Nachweis des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundgeschäft (erwarteter Stromeinkauf) und dem Sicherungsinstrument (PPA) vor den Änderungen des IFRS 9 häufig nicht erbracht werden. Weil damit oft keine Bewertungseinheit im Sinne der bisherigen Vorschriften bestand, hatte die Bilanzierung als Derivat mit entsprechenden volatilen Effekten in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfolgen.

Um auf diese Umstände bei der Bilanzierung des Strombezugs angemessen zu reagieren, hat der IASB an IFRS 9 (Financial Instruments) Änderungen vorgenommen, so dass unter bestimmten Voraussetzungen ein variables Volumen als Grundgeschäft designiert werden kann. Wird der Vertrag mit dem naturabhängigen Strom zur Absicherung der Zahlungsströme aus den prognostizierten Stromkäufen und -verkäufen genutzt, so kann nun die Designation eines variablen nominalen Betrags erwarteter Käufe und Verkäufe als gesichertes Grundgeschäft (Cashflow Hedge) erfolgen.

Im Zuge dessen wurde auch IFRS 7 (Financial Instruments: Disclosures) hinsichtlich der Angaben in den Notes angepasst.

Hinweis

Die nachfolgend beschriebenen Änderungen sind erstmals für Geschäftsjahre ab dem 1.1.2026 anzuwenden, können aber auch freiwillig vorzeitig angewandt werden.

Änderungen gem. IFRS 9

Der Abnehmer kann von der „Own-Use-Exemption“-Regelung bei der Beschaffung von naturabhängigen Energien Gebrauch machen, solange er in Summe in der Vergangenheit und auch zukünftig ein Netto-Einkäufer ist. Das bedeutet, dass er in demselben Markt ausreichend Strom einkaufen muss, um die Verkäufe des ungenutzten Stroms auszugleichen. Dabei wird ein Betrachtungszeitraum von zwölf Monaten zugrunde gelegt.

Unter IFRS 9 ist es zulässig, ein Derivat als Sicherungsinstrument im Rahmen des Hedge Accounting zu designieren. Damit kann ein als Derivat bilanziertes PPA zur Sicherung für erwartete Stromtransaktionen im Rahmen eines Cashflow Hedges angesetzt werden. So werden erwartete Stromtransaktionen in Höhe des variablen Nominalbetrags des Sicherungsinstruments als Grundgeschäft designiert.

Hinweis

Die Ausnahme bezieht sich somit nur auf die Designation der Mengen. Analoge Verträge, bei denen kein naturbedingtes Volumenrisiko durch z.B. Lagerbarkeit besteht, fallen nicht in diesen Anwendungsbereich.

Änderungen nach IFRS 7

Wenn ein Vertrag von den Änderungen betroffen ist und die own use exemption für diesen Vertrag genutzt wird, sind zusätzliche Informationen wie die Variabilität der Strommenge und das Risiko der Überversorgung über diesen Vertrag offenzulegen. Solche Angaben sind:

  • Vertragsdetails über die Mengenvariabilität sowie evtl. Abnahmeverpflichtungen über den Eigenbedarf hinaus;
  • bei bilanziell nicht abgebildeten Verpflichtungen die künftig erwarteten Zahlungsströme aus dem Kauf von Strom;
  • qualitative Informationen, ob ein Vertrag belastend i.S. des IFRS 37 werden könnte;
  • quantitative und qualitative Informationen zu den Auswirkungen der Verträge auf die finanzielle Leistungsfähigkeit auf der Basis der Beurteilung des Netto-Einkäufer-Kriteriums.

Zudem sind nach IFRS 7.23A die Angaben nach Risikoklassen zu disaggregieren.

Empfehlung

Von diesen Änderungen betroffene Unternehmen sollten sich in Kürze mit den Anpassungen von IFRS 9 und IFRS 7 vertraut machen und die Folgen aus den neuen Bilanzierungsmöglichkeiten für ihren Abschluss analysieren.