Vererbung von Wertpapierportfolios – Steuermindernde Gestaltungshinweise

Bei der Vererbung von großen Wertpapierportfolios kann es zu erheblichen Steuerlasten aus der Kombination von Erbschaft- und Einkommensteuer kommen. Durch eine geschickte Gestaltung zu Lebzeiten können Erben vor der Doppelbelastung geschützt werden.
Gefahr der Doppelbesteuerung
In der Nachfolgeplanung rückt die steuerliche Bewertung von Kapitalvermögen zunehmend in den Fokus. In vielen Wertpapierportfolios haben sich über die Jahre hohe nicht realisierte Gewinne aufgebaut. Im Erbfall kann zu der Erbschaftsteuer noch Einkommensteuer hinzukommen. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23.2.2022 (Az.: II R 45/19) hat bestätigt, dass die Steuerpflicht auf Kursgewinne von Aktien mitvererbt wird.
Die Erbschaftsteuer bemisst sich nach dem Verkehrswert der übertragenen Vermögenswerte – unabhängig davon, ob Wertsteigerungen bereits der Einkommensteuer unterworfen wurden oder nicht. Wenn die Erben Positionen veräußern, um Liquidität zur Begleichung der Steuerschuld zu schaffen, fällt zusätzlich Einkommensteuer beim Erben an, sofern die Wertsteigerungen noch nicht vom Erblasser versteuert wurden. Dies führt zu einer faktischen Doppelbesteuerung.
Steuerliche Bewertungsprobleme
Im Erbfall ist für die Bewertung des Vermögens bei börsennotierten Wertpapieren der am Todestag notierte Börsenkurs maßgeblich. Bezüglich der Erbschaftsteuer werden Freibeträge gewährt, die sich am Verwandtschaftsgrad orientieren. Ehegatten und Kinder profitieren von hohen Freibeträgen (z.B. 500 T€ bzw. 400 T€), bei weiter entfernten Verwandten oder Dritten reduziert sich der Freibetrag deutlich. Die Bewertung der Vermögenssubstanz für die Erbschaftsteuer erfolgt unabhängig von einer möglichen Einkommensteuerbelastung auf künftige Gewinne – ein systematisches Problem, das in vielen Nachlassplanungen nicht hinreichend berücksichtigt wird.
Ansatz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Ein steuerlich wirkungsvoller Ansatz zur Vermeidung der Doppelbelastung liegt in der bewussten Realisierung von Kursgewinnen noch zu Lebzeiten. Zwar wird dabei Einkommensteuer ausgelöst, doch entsteht die Abgeltungsteuer dann in einem Zeitpunkt, zu dem Liquidität verfügbar ist und die Steuerlast planbar gestaltet werden kann. Der Nachlass reduziert sich dadurch um die Einkommensteuer auf die Wertsteigerungen – und somit reduziert sich auch die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer.
Praxisfall: Eine 80-jährige verwitwete Frau möchte ihren Nachlass regeln. Der gesamte Nachlasswert besteht aus Aktien im Wert von 1 Mio. €. Diese Aktien wurden nach dem 1.1.2009 für 500 T€ erworben. Ohne Berücksichtigung von Freibeträgen beträgt die Erbschaftsteuer, wenn ein Kind Alleinerbe ist, 190 T€. Früher oder später sind die Wertsteigerungen zu versteuern und lösen Abgeltungssteuer i.H. von 125 T€ auf den Kursgewinn von 500 T€ aus. Hier im Beispiel würde der Verkauf der Aktien zu Lebzeiten – bei gleichbleibender Höhe der Abgeltungssteuer – bewirken, dass der Nachlasswert auf 875 T€ sinken würde, wodurch sich die Erbschaftsteuer um 24 T€ reduziert.
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