Mitarbeiterbeteiligung: Bad-Leaver-Klauseln problematisch

In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels erfreuen sich Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bei vielen Unternehmen wachsender Beliebtheit, insbesondere bei Start-ups. Ziel ist neben der Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber vor allem auch die stärkere Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen. Erfüllen sich diese Erwartungen nicht, z.B. weil der Mitarbeiter von sich aus kündigt oder aus wichtigem Grund vom Arbeitgeber gekündigt wird (sog. „bad leaver“), sehen die Verträge häufig Einschränkungen der Beteiligungsrechte bis zu deren vollständigem Verfall vor. Diese Möglichkeiten hat das BAG nun durch Änderung seiner Rechtsprechung deutlich eingeschränkt.
Beteiligungsmodelle
Im Wettbewerb um qualifiziertes Fachpersonal werden verschiedenste Beteiligungsmodelle eingesetzt. Im Kern geht es regelmäßig darum, den begünstigten Mitarbeitern als Teil der Vergütung einen Anteil am Unternehmenserfolg in Aussicht zu stellen. Den bekannten Aktienoptionsprogrammen für die Management-Ebene größerer Konzerne stehen bei jüngeren Unternehmen häufig virtuelle Beteiligungsprogramme gegenüber (VSOP - Virtual Stock Option Programs). Dabei werden keine realen Aktien (oder Optionen darauf) ausgegeben, sondern solche durch Gewährung schuldrechtlicher Ansprüche „virtuell“ nachgebildet. Voraussetzung für das Entstehen von Ansprüchen ist jeweils, dass ein vordefinierter Erdienenszeitraum eingehalten wird (sog „Vesting“).
Sachverhalt mit …
Im Urteilsfall war der Kläger ab dem 1.4.2018 bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2019 wurden ihm virtuelle Optionsrechte gewährt, deren Ausübung zu einem Zahlungsanspruch gegen die Beklagte führen konnte. Die dem Arbeitnehmer zugeteilten virtuellen Optionen waren nach einer Mindestwartezeit von zwölf Monaten innerhalb einer Vesting-Periode von insgesamt vier Jahren gestaffelt ausübbar. Nach den Regelungen des Beteiligungsprogramms sollten bereits ausübbare („gevestete“), aber noch nicht ausgeübte virtuelle Optionen u.a. verfallen, wenn das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung des Arbeitnehmers endet. Dabei sollte der Verfall sukzessive innerhalb von zwei Jahren nach Ende des Arbeitsverhältnisses eintreten.
Tatsächlich beendete der Kläger das Arbeitsverhältnis durch fristgerechte Eigenkündigung zum 31.8.2020 und machte seinen Anspruch auf rd. 30% der bereits erdienten („gevesteten“) Optionen geltend, was das beklagte Unternehmen unter Hinweis auf die Verfallsregelung ablehnte.
… unangemessener Verfallsregelung
Das BAG stellte sich auf die Seite des Arbeitnehmers und bejahte entgegen den Vorinstanzen und seiner eigenen vorherigen Rechtsprechung einen entsprechenden Anspruch (Urteil vom 19.3.2025, Az.: 10 AZR 67/24). Es handelt sich demnach bei dem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und die Verfallsregelung hält nach neuer Auffassung des Gerichts einer diesbezüglichen Inhaltskontrolle nicht stand. Sie berücksichtigt nicht angemessen die Interessen des Arbeitnehmers, der seine Arbeitsleistung bereits erbracht hat und demgemäß die vereinbarte Vergütung einfordern kann. Die erdienten virtuellen Optionen stellen eine Gegenleistung für die in der Vesting-Periode erbrachte Arbeitsleistung dar. Außerdem handelt es sich aufgrund der möglichen Vermögenseinbuße um eine unverhältnismäßige Kündigungserschwerung.
Die zweijährige Verfallsfrist hält das Gericht ebenfalls für unangemessen. In Ansehung der vierjährigen Vesting-Periode ist ein demgegenüber doppelt so schneller Verfall nicht durch Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt.
Ausstrahlung auf Geschäftsführungsebene?
Bad-Leaver-Regelungen sind auch bei Unternehmensanteilen von Geschäftsführern verbreitet und von der BGH-Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt. Da hier andere Maßstäbe anzulegen sind, dürfte die neue Sichtweise des BAG auf diese Fälle aber nicht unmittelbar übertragbar sein.