Steuern
02. Apr. 2025
WP/StB/RA Dr. Rainer Daigfuß

Tantieme-Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA): GmbH-Grundsätze bei einer AG nur bedingt anwendbar

Anwältin und Mandant im Gespräch

In einem aktuell entschiedenen Fall konnten PKF-Experten den BFH überzeugen, dass eine Vergütungsvereinbarung zwischen einer AG und einem Vorstandsmitglied, das zugleich Minderheitsaktionär der AG ist, nur in Ausnahmefällen nicht dem Fremdvergleich genügt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nur vor, wenn die Umstände des Einzelfalls eindeutig darauf schließen lassen, dass sich der Aufsichtsrat bei der Vergütungsvereinbarung einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds ausgerichtet hat. Davon ist bei einem Aufsichtsrat, der mit dem als Minderheitsaktionär beteiligten Vorstandsmitglied nicht nahestehenden Personen besetzt ist, nur auf der Grundlage besonderer Umstände auszugehen.

Gewinn- und umsatzabhängige Vergütungen als vGA …

Im Streitfall hatte eine AG durch ihren Aufsichtsrat mit dem alleinvertretungsberechtigten Vorstand X eine Vergütungsvereinbarung getroffen, die umsatz- und auch gewinnabhängige Tantiemezahlungen vorsah. Zwei Mitglieder des dreiköpfigen Aufsichtsrats waren neben dem X Minderheitsaktionäre, das dritte Mitglied war an der AG nicht beteiligt. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden zwischen dem Vorstand und den Mitgliedern des Aufsichtsrats nicht. Das Finanzamt und in der Folge das FG Nürnberg mit Urteil vom 19.7.2022 (Az.: 1 K 1489/20) behandelten die umsatz- und gewinnabhängigen Vergütungszahlungen an X als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Dies erfolgte in Anlehnung an die vom BFH hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze zu Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH und führte letztlich bei der AG zu einer höheren Körperschaftsteuer.

… nur bei einseitiger Interessensorientierung des Aufsichtsrats

Dem ist der BFH im Urteil vom 24.10.2024 (Az.: I R 36/22) entgegengetreten. Zwar seien insbesondere umsatzabhängige Tantiemen wegen der Gefahr einer Gewinnabsaugung nur ausnahmsweise steuerrechtlich anzuerkennen. Jedoch habe das FG Nürnberg nicht beachtet, dass die von ihm herangezogene Rechtsprechung die Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH betroffen habe, die aber wegen der Unterschiede in den Entscheidungsstrukturen nicht uneingeschränkt auf eine AG übertragen werden könne. Bei einer AG lägen die Verhältnisse anders als bei einer GmbH. Für die AG handelt ein Aufsichtsrat, der gem. § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG bei der Festsetzung der Vorstandsbezüge dafür zu sorgen hat, dass diese angemessen sind.

Im Streitfall habe X den Aufsichtsrat auch nicht beherrschen können, weil er nicht über die für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder erforderliche Aktienmehrheit verfügt habe und er den Mitgliedern auch nicht nahegestanden habe. In einer solchen Konstellation seien vGA im Zusammenhang mit umsatz- oder gewinnabhängigen Tantiemen nur ausnahmsweise dann anzusetzen, wenn besondere Umstände klar ergäben, dass sich der Aufsichtsrat einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds orientiert hat.

Hinweis

Der BFH hat die Sache an das FG Nürnberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, da die Gesamtwürdigung der für den Fremdvergleich erheblichen Anhaltspunkte im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem FG obliegt. 

Bedeutung für die Besteuerungspraxis

Entscheidungen über das Vorliegen einer vGA in einer AG sind selten. Im vorliegenden Fall, in dem die AG von PKF Nürnberg vertreten wurde, hatte der BFH im Kern die Frage zu beantworten, ob die zwischen der AG und dem Minderheitsaktionär geschlossene Vereinbarung ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis hatte. Die Vereinbarung hätte dann gegen den Fremdvergleichsgrundsatz verstoßen und somit eine vGA vorliegen können. Nach den Ausführungen des BFH genügt eine Vereinbarung mit dem zum Vorstand bestimmten Minderheitsaktionär dem materiellen Fremdvergleich aber nur dann nicht, wenn sich der Aufsichtsrat einseitig an den Interessen des Vorstandsmitglieds ausgerichtet hätte. 

Unabhängig vom Einzelfall hat der BFH deutlich gemacht, dass Vergütungsvereinbarungen zwischen einer AG und einem Vorstandsmitglied, der zugleich Minderheitsaktionär ist, steuerrechtlich regelmäßig anzuerkennen sind. Nur ausnahmsweise kommt der Ansatz einer vGA in Betracht. Von allgemeiner Praxisrelevanz ist zudem die Klarstellung des BFH, dass die Rechtsgrundlagen zur vGA, die er im Zusammenhang mit Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH erarbeitet hat, nicht uneingeschränkt auf AG übertragen werden können. Zwar ist die Fremdvergleichsprüfung auch bei der AG vorzunehmen. Die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats stellt jedoch ein sehr starkes Beweisanzeichen gegen das Vorliegen einer einseitigen Interessenwahrnehmung und somit für die Fremdüblichkeit der Vergütungsvereinbarung zwischen der AG und einem Minderheitsaktionär-Vorstand dar.

Fazit

Im Ergebnis ist für die Praxis insoweit festzuhalten, dass – anders als bei Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern der GmbH – eine Umsatztantieme bei Minderheitsaktionären nur ausnahmsweise eine vGA darstellen kann.