Recht
02. Apr. 2025
RA/StB Frank Moormann

Arbeitnehmerüberlassung: Einschränkung des Konzernprivilegs

Automobilindustrie Fertigung mit 2 Personen im Hintergrund

Die Arbeitnehmerüberlassung (oder: Leiharbeit) unterliegt in Deutschland den strengen Regularien des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Für die Überlassung zwischen Unternehmen eines Konzernverbunds gelten jedoch umfangreiche Erleichterungen (Konzernprivileg), insbesondere bedarf es keiner behördlichen Erlaubnis der Agentur für Arbeit. Hiermit soll Unternehmensgruppen die Möglichkeit eingeräumt werden, flexibel auf unterschiedliche Personalbedarfe zu reagieren. Das BAG hat jetzt jedoch den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs bei längerfristigen Überlassungen deutlich eingeschränkt, weswegen betroffene Konzernunternehmen ihre AN-Überlassungen einer erneuten Prüfung unterziehen sollten.

Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Bei der Arbeitnehmerüberlassung wird der Arbeitnehmer eines Arbeitgebers (Verleiher) vorübergehend an einen anderen Unternehmer (Entleiher) überlassen. Das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher besteht fort, der Arbeitnehmer ist jedoch in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert und unterliegt dessen Direktionsrecht/Weisungsbefugnis. Eine solche Arbeitnehmerüberlassung bedarf grundsätzlich einer Erlaubnis der zuständigen Agentur für Arbeit. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von der Erlaubnispflicht, von denen dem Konzernprivileg wohl die größte praktische Bedeutung zukommt. Danach bedarf es keiner Erlaubnis bei Überlassungen „zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird“ (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG).


Hinweis zum Sachverhalt: Im Streitfall war ein als Sitzfertiger bei einem Automobilkonzern beschäftigter Arbeitnehmer fast 12 Jahre lang für ein (anderes) Konzernunternehmen auf dessen Werksgelände tätig. Er reklamierte die fehlende Erlaubnis nach dem AÜG, die daraus folgende Unwirksamkeit des Überlassungsvertrags und damit das Bestehen eines Anstellungsverhältnisses zwischen ihm und dem Entleiher.


Einschränkende Auslegung des Konzernprivilegs

Im Instanzenzug hatte das LAG Niedersachsen die Klage mit Urteil vom 9.11.2023 abgewiesen und die Auffassung vertreten, dass die beiden in der Vorschrift genannten Sachverhalte (Einstellung und Beschäftigung zum Zwecke der Überlassung) kumulativ vorliegen mussten, um das Konzernprivileg zu versagen, entsprechend dem Wortsinn der Formulierung „und“. Das Konzernprivileg sollte also bereits dann greifen, wenn die Einstellung des Arbeitnehmers nicht zum Zwecke der Überlassung erfolgt war. 

Das sieht das BAG allerdings anders und deutet das „und“ in der Vorschrift als Aufzählung im Sinne eines „oder“ (Urteil vom 12.11.2024, Az.: 9 AZR 13/24). Für die Anwendung des Privilegs darf danach der Arbeitnehmer weder zum Zwecke der Überlassung eingestellt noch zu diesem Zwecke beschäftigt werden. Letzteres nimmt das Gericht jedenfalls dann an, wenn der Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer in einem anderen Konzernunternehmen eingesetzt wird, was hier eindeutig der Fall war.

Empfehlung 

Aufgrund der einschränkenden Auslegung des Konzernprivilegs durch das BAG haben sich die Risiken bei konzerninternen Arbeitnehmerüberlassungen deutlich erhöht. Es empfiehlt sich, längerfristige Überlassungen an ein Konzernunternehmen zu vermeiden und zumindest eine zwischenzeitliche Beschäftigung auch im Stammhaus vorzunehmen. In Anbetracht der drohenden Rechtsfolgen (Bußgelder, Anstellungsverhältnis mit dem Entleiher) ist außerdem eine fachliche Beratung in jedem Fall ratsam.