BFH: Keine Haftung des Grundstückskäufers für falschen Steuerausweis in übernommenen Mietverträgen

Nach dem zivilrechtlichen Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ übernimmt der Käufer einer vermieteten Immobilie automatisch die bestehenden Mietverhältnisse des Vorbesitzers. Hierzu stellte der BFH kürzlich klar, dass ein unrichtiger Steuerausweis in Mietverträgen, den der frühere Eigentümer veranlasst hat, nicht auf den Erwerber übertragen wird. Eine Haftung nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG besteht in einem solchen Fall nicht.
Mit Urteil vom 5.12.2024 (Az.: V R 16/22) entschied der BFH über eine Klägerin, die im Streitjahr 2013 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein mit einem mehrstöckigen Bürogebäude bebautes Grundstück erwarb. Der Veräußerer hatte die Räumlichkeiten u.a. an eine Tagesklinik und eine Physiotherapiepraxis vermietet. In den Mietverträgen waren die monatlichen Nettokaltmieten aufgeführt und – mit dem Zusatz "+ 19 % Mehrwertsteuer" – zusätzlich Umsatzsteuerbeträge ausgewiesen. Die Klägerin selbst behandelte die Umsätze aus den Vermietungen ab dem Erwerb als umsatzsteuerfrei. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Klägerin aufgrund des Steuerausweises in den Mietverträgen die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG ab dem Erwerb der Immobilie schulde und setzte diese entsprechend gegenüber der Klägerin fest. Das Finanzgericht bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts.
Der BFH stellte klar, dass eine Haftung des Erwerbers nach § 14c Abs. 1 UStG nicht gegeben ist, da der fehlerhafte Steuerausweis durch den ursprünglichen Vermieter und nicht durch den Erwerber erfolgte. Eine Haftung setzt voraus, dass der unrichtige Steuerausweis im Namen des tatsächlich leistenden Unternehmers – in diesem Fall des Erwerbers – erfolgt. Da die Mietverträge vom Vorbesitzer abgeschlossen wurden und der Erwerber nicht an deren Ausstellung beteiligt war, fehlt es an einer Haftungsgrundlage. Darüber hinaus betonte der BFH, dass der bloße Eigentumserwerb und die Übernahme der Mietverträge nach § 566 BGB keine steuerrechtliche Haftung begründen. Diese Regelung schützt primär den Mieter und ist nicht auf steuerliche Verpflichtungen ausgerichtet. Ebenso führt die Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht dazu, dass der Erwerber für die Umsatzsteuerpflicht des Veräußerers haftet. Der Steuerausweis in den Mietverträgen stellt kein übertragbares Wirtschaftsgut dar, das unter die umsatzsteuerliche Einzelrechtsnachfolge fällt.
Während der BFH die Bedeutung der Vertragsunterlagen für die Haftungsrisiken des Erwerbers klärt, lässt er in seinem Urteil einen ebenso praxisrelevanten Aspekt der Geschäftsveräußerung explizit offen. Denn sollte Gegenstand der Geschäftsveräußerung eine umsatzsteuerpflichtig vermietete Immobilie sein, so stellt sich auch auf Seiten des Mieters die Frage nach den Auswirkungen der Vertragsübernahme. Ob ein mit dem Veräußerer abgeschlossener Mietvertrag, der diesen als Leistenden ausweist, nach Eintritt des Erwerbers in die Vermieterposition noch die formellen Anforderungen an den Vorsteuerabzug erfüllt, musste der BFH nicht klären. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollten betroffene Unternehmen durch eine entsprechende Anpassung der Verträge oder ggf. durch Erteilung einer neuen Dauerrechnung etwaige Unklarheiten beseitigen. Die Entscheidung des BFH stärkt die Rechtssicherheit für Grundstückserwerber und stellt klar, dass steuerliche Fehler des Vorbesitzers nicht automatisch auf den neuen Eigentümer übergehen.