Steuerliche Verlustverrechnung: Änderungen im Überblick

Die ertragsteuerlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten sind sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen von zentraler Bedeutung, da diese Regelungen die steuerliche Belastung und die finanzielle Planung von Steuerpflichtigen maßgeblich beeinflussen können. Dieser Beitrag zeigt auf, wie die Vorschriften zur Verlustverrechnung im Laufe der letzten Jahre den sich wandelnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst wurden.
Grundprinzipien und betragsmäßige Grenzen der Verlustverrechnung (§ 10d EStG)
Gem. § 10d EStG lassen sich die in dem betrachteten Jahr entstandenen Verluste mit Gewinnen in zurückliegenden Jahren (Verlustrücktrag) oder Folgejahren (Verlustvortrag) steuerlich verrechnen. Die Verluste können maximal 2 Jahre zurückgetragen werden, sofern positives Einkommen vorhanden ist. Die hier geltende Höchstgrenze liegt bei 1.000.000 € (bzw. 2.000.000 € bei Zusammenveranlagung). Ist der Rücktrag nicht möglich, kann der Verlust in die kommenden Jahre vorgetragen werden. Dabei können Verluste bis 1.000.000 € unbeschränkt und darüber hinaus bis zu 70% des 1.000.000 € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden. Die restlichen 30% können dann in den nachfolgenden Jahren verrechnet werden. Dies gilt sowohl für Privatpersonen als auch Personengesellschaften und über den § 8 Abs. 1 KStG sind die nachfolgenden Ausführungen analog auf Kapitalgesellschaften anzuwenden.
Entwicklung der Betragsgrenzen
Die Entwicklung der Verlustverrechnungsbeschränkungen ist durch signifikante Veränderungen, insbes. im Hinblick auf den Verlustrücktrag und den Verlustvortrag, geprägt. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 konnten Steuerpflichtige als Entlastung während der Corona-Pandemie Verluste bis zu 10.000.000 € (bzw. 20.000.000 € bei Zusammenveranlagung) rücktragen. Ab dem Jahr 2024 wurde dieser Betrag wieder auf 1.000.000 € (bzw. 2.000.000 € bei Zusammenveranlagung) reduziert.
Auch beim Verlustvortrag gab es Anpassungen. Vor 2024 lag der Prozentsatz der Verlustverrechnung bei 60%. Mit dem Inkrafttreten des Wachstumschancengesetzes wurde dieser Prozentsatz für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 auf 70% angehoben. Diese Änderungen sind Ausdruck der Bemühungen, die steuerliche Belastung in herausfordernden Zeiten zu reduzieren und gleichzeitig Anreize für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen.
Verrechnungsfähige Einkunftsarten
Innerhalb eines Veranlagungszeitraums sind Verluste und Gewinne aus nachfolgenden Einkunftsarten miteinander verrechenbar (von diesem Grundsatz muss in bestimmten Fällen allerdings abgewichen werden, siehe z.B. Verluste bei Kommanditgesellschaften nach § 15a EStG):
- Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
- Einkünfte aus Gewerbebetrieb
- Einkünfte aus selbständiger Arbeit
- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Hingegen sind Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (siehe für Details den nachfolgenden Abschnitt) und aus privaten Veräußerungsgeschäften weder mit den o.g. Einkünften noch untereinander verrechenbar.
Besonderheiten für Kapitaleinkünfte
nach § 20 Abs. 6 EStG
Innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen gibt es noch weitere Verlustverrechnungsbeschränkungen, die in § 20 Abs. 6 EStG geregelt sind. Sofern ein Steuerpflichtiger im Privatvermögen Verluste aus Kapitaleinkünften generiert, wird in sog. Verlustverrechnungstöpfen gedacht. Das bedeutet, dass einzelne „Töpfe“ entstehen, in denen die Verluste gefangen sind. Am Beispiel von Aktienverlusten sind diese Verluste in dem Verlustverrechnungstopf Aktien gefangen. Danach können die Verluste aus Aktien nur mit Gewinnen aus Aktien verrechnet werden.
Auch bei Termin- und Optionsgeschäften gab es bis Ende 2024 einen separaten Verlustverrechnungstopf, bei denen Gewinne wie auch Verluste nur miteinander verrechnet werden durften. Darüber hinaus gab es bei Termingeschäften die weitere Beschränkung, dass nur 20.000 € Verluste pro Jahr mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden konnten. Darüber hinaus gehende Verluste mussten in das Folgejahr vorgetragen werden und konnten nur mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden.
Im Ergebnis konnten sich daraus sehr nachteilige Konstellationen ergeben, bei denen der Steuerpflichtige Steuern auf Gewinne bei Termingeschäften zahlen musste, obwohl in Summe im Veranlagungsjahr mehr Verluste als Gewinne aus Termingeschäften generiert wurden. Diese Beschränkung ist mit dem Jahressteuergesetz 2024 abgeschafft worden und auf alle offenen Fälle anzuwenden. Im Detail wurden die Sätze 5 und 6 des § 20 Abs. 6 EStG gestrichen.
Fazit und Ausblick
Die beschriebenen Entwicklungen bei der Verlustverrechnung sind, insbesondere bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, grundsätzlich zu begrüßen. Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob die Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktien verfassungskonform ist oder gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt. Hier ist ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig.