EU-Klage wegen Reinvestitionsrücklage bei Immobiliengewinnen
Zur steuerlichen Behandlung von Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von Immobilien hat die EU-Kommission Deutschland vor dem EuGH verklagt. Die Kommission sieht in der deutschen Regelung eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs, die mit den EU-Grundfreiheiten unvereinbar sei.
Nach deutschem Steuerrecht kann ein Steueraufschub für Veräußerungsgewinne gewährt werden, die aus dem Verkauf von Immobilien resultieren, sofern diese Gewinne reinvestiert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das betroffene Grundstück mindestens sechs Jahre lang ununterbrochen einer Betriebsstätte in Deutschland zugeordnet war. Für Unternehmen, die nach deutschem Recht gegründet wurden, wird pauschal angenommen, dass sie ihre Betriebsstätte in Deutschland haben – auch dann, wenn sie dort keine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Anders verhält es sich bei Unternehmen, die nach dem Recht eines anderen EU- oder EWR-Mitgliedstaats gegründet wurden: Diese gelten nicht automatisch als in Deutschland ansässig und können daher keinen Steueraufschub in Anspruch nehmen. Die EU-Kommission argumentiert, dass diese unterschiedliche Behandlung eine ungerechtfertigte Einschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt. Sie diskriminiere Unternehmen mit Sitz in anderen EU- oder EWR-Staaten und behindere grenzüberschreitende Investitionen.
Bereits im November 2019 hatte die Kommission eine begründete Stellungnahme an Deutschland übermittelt und intensive Gespräche geführt, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Die deutschen Behörden haben daraufhin Anpassungen vorgenommen, die aus Sicht der Kommission jedoch nicht ausreichend sind, um die bestehende Ungleichbehandlung vollständig zu beseitigen. Der freie Kapitalverkehr ist eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union und essenziell für den europäischen Binnenmarkt.
Die Klage der EU-Kommission verdeutlicht, wie wichtig es ist, nationale steuerliche Regelungen mit den Anforderungen des EU-Rechts in Einklang zu bringen. Sollte der EuGH zugunsten der Kommission entscheiden, müsste Deutschland seine steuerlichen Vorschriften anpassen, um gleiche Bedingungen für in- und ausländische Unternehmen zu gewährleisten.