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Steuern
05. Nov. 2025
WP/ StB Daniel Scheffbuch, Triantafillos Tatigiannis

Geerbtes Vermögen in der Zugewinngemeinschaft – Teil II: Gestaltungsmöglichkeiten

Person hält Stapel von 1-Euro-Münzen zwischen ihren Fingern

Wenn sich in der Zugewinngemeinschaft das Vermögen der Ehegatten sehr unterschiedlich entwickelt, kann es im Todesfall des vermögenderen Ehegatten zu erheblichen steuerlichen Konsequenzen kommen. In Teil 1 wurden an einem Praxisbeispiel zivilrechtliche und erbschaftsteuerliche Folgen dargestellt. Nachfolgend werden Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt, um die Steuerlast zu senken.

1. Güterstandsschaukel 

Ehegatten können – auch ohne Scheidung – bereits zu Lebzeiten einen Zugewinnausgleich durchführen, indem sie den Güterstand wechseln. Ein gängiges Gestaltungsmodell ist die „Güterstandsschaukel“:

  • Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird durch Ehevertrag aufgehoben (§ 1408 BGB).
  • Dadurch wird der Zugewinnausgleich sofort fällig (§ 1378 BGB).
  • Danach kann unmittelbar (ggf. in demselben Vertrag) wieder eine Zugewinngemeinschaft neu vereinbart werden. 

Durch die so ausgelöste Ausgleichszahlung kann steuerfrei Vermögen übertragen werden. Der Zugewinnausgleichsanspruch ist nicht steuerbar.

Im Fallbeispiel (s. Teil I des Beitrags in der Ausgabe 10/2025) überträgt der vermögendere Ehemann der Ehefrau im Rahmen des Zugewinnausgleichs 700 T€. Diese Übertragung  ist steuerfrei und reduziert sein Vermögen – was wiederum bei einem späteren Erbfall die steuerpflichtige Erbmasse reduziert.

2. Sachgerechte Zuweisung des Familienheims

Im Rahmen der Vermögensnachfolgeplanung innerhalb der Zugewinngemeinschaft gewinnt die sachgerechte Zuweisung des Familienheims besondere Bedeutung. Geeignete Gestaltungsmittel sind das Vermächtnis (§ 1939 BGB) sowie die Zuweisung im Rahmen einer Erbauseinandersetzung (§§ 2042 ff. BGB). Beide Varianten ermöglichen es, das Familienheim unter steuerlicher Berücksichtigung von § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG an den überlebenden Ehegatten zu übertragen und dabei steuerliche Freibeträge zu schonen.

2.1 Vermächtnis

Ein zentrales Unterscheidungskriterium im Rahmen der erbrechtlichen Gestaltung zwischen Ehegatten betrifft die rechtliche Einordnung einer Zuwendung als (einfaches) Vermächtnis oder als Vorausvermächtnis. Das einfache Vermächtnis (§ 1939 BGB) begründet einen schuldrechtlichen Anspruch des Bedachten gegen die Erben; der Bedachte wird nicht Teil der Erbengemeinschaft. Beim Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB analog) erhält der Bedachte einen Vermögensvorteil zusätzlich zu seinem Erbteil. Er ist somit zugleich Erbe und Vermächtnisnehmer.

Der Vermächtnisnehmer ist kein Erbe. Der Anspruch auf Übereignung des vermachten Gegenstands richtet sich allein gegen die Erben. Der Eigentumsübergang an  einem Grundstück oder einer Immobilie erfordert eine gesonderte dingliche Übertragung im Wege der Auflassung und Eintragung im Grundbuch. Demgegenüber ist der Vorausvermächtnisnehmer selbst Mitglied der Erbengemeinschaft und unterliegt insoweit auch der anteiligen Haftung für Nachlassverbindlichkeiten. Das Vorausvermächtnis stellt einen Mehrwert gegenüber dem regulären Erbteil dar und mindert – wirtschaftlich betrachtet – die Quote der übrigen Miterben. 

Diese Unterscheidung ist insbesondere im Fall von Ehegattentestamenten von erheblicher Relevanz. Wird dem überlebenden Ehegatten etwa das Familienheim „zuwendend“ übertragen, ohne klarzustellen, ob dies als Teil oder zusätzlich zum Erbteil gemeint ist, stellt sich häufig die Frage, ob ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) vorliegt. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt sich z.B. folgende Formulierung im Testament oder Erbvertrag:

Mein Ehegatte erhält das im Grundbuch von XY eingetragene Einfamilienhaus in der Musterstraße 1 im Wege eines Vermächtnisses. Dieses Haus soll er zum Zweck der weiteren Eigennutzung erhalten. Die übrige Erbmasse geht zu gleichen Teilen an die Kinder.

Erbschaftsteuerlich kann die Vermächtnislösung von Vorteil sein, wenn das Familienheim durch den Ehegatten weiterhin zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG bleibt der Erwerb in diesem Fall vollständig steuerfrei, sofern 

  • der Ehegatte das Haus innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall tatsächlich bezieht
  • und dort für mindestens zehn Jahre wohnen bleibt (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG). 

Unerheblich ist dabei, ob der Erwerb durch Erbeinsetzung oder Vermächtnis erfolgt, solange es sich um einen Erwerb von Todes wegen handelt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Nach der Rechtsprechung des BFH genügt auch die Übertragung im Wege eines Vermächtnisses zur Anwendung der Steuerbefreiung (BFH, Urteil vom 11.7.2019, Az.: II R 38/16).

3. Gezielte Erbauseinandersetzung 

Im Rahmen der Erbauseinandersetzung steht es den Erben frei, den Nachlass durch Vertrag untereinander aufzuteilen (§ 2042 BGB). Insbesondere kann hierbei vereinbart werden, dass das Familienheim dem überlebenden Ehegatten zugewiesen wird, selbst wenn dieser im Grundbuch nicht alleiniger Eigentümer war. 

Erbschaftsteuerlich entscheidend ist, dass die Zuweisung nicht als Rechtsgeschäft (z.B. Kauf oder Schenkung) erfolgt, sondern zur Erfüllung des Erbteils dient. Finanzverwaltung und BFH sehen in der Zuweisung des Familienheims an den Ehegatten keine steuerpflichtige Anteilsübertragung, wenn diese auf den Erbteil oder ein Vermächtnis zurückzuführen ist (vgl. BMF-Schreiben vom 11.12.2015, BStBl. I 2015 S. 1043, Rz. 2.1). Auch in diesem Fall greift die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, sofern der Ehegatte binnen sechs Monaten nach dem Erbfall in das Familienheim einzieht. Die steuerliche Privilegierung gilt dabei auch dann, wenn das Haus zunächst gesamthänderisch erworben wurde und erst im Rahmen der Auseinandersetzung einem Miterben allein übertragen wird. Zur rechtlichen Absicherung empfiehlt sich zudem eine notarielle Beurkundung der Erbauseinandersetzung, einschließlich der Grundbuchumschreibung.

Während sich das Vermächtnis insbesondere zur gezielten Zuweisung einzelner Vermögenswerte unter gleichzeitiger Haftungsfreistellung eignet, eröffnet die Erbauseinandersetzung demgegenüber Spielräume bei der flexiblen Aufteilung der Erbmasse und kann auch nachträglich zur Herstellung eines steuerfreien Erwerbs herangezogen werden. 

4. Konkreter Zugewinnausgleich

Während bei einer Scheidung immer der konkrete Zugewinnausgleich berechnet wird, kann dies auch beim Tod eines Ehegatten der Fall sein, wenn § 1371 Abs. 2 BGB greift. Sofern der überlebende Ehegatte demnach feststellt, dass ihm ein konkreter Zugewinnausgleich mehr einbringt als die Erhöhung des Erbteils, kann er

  • die Erbschaft ausschlagen (§ 1942 BGB) und
  • den konkreten Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB fordern. 

Dann bekommt der überlebende Ehegatte keinen pauschalen Erbteil, sondern einen realen Zugewinnausgleichsanspruch. Darüber hinaus kann der Ehegatte noch den sog. „kleinen Pflichtteil“ geltend machen.


Beispiel: Vorliegend würde im Fall des Ausgangsbeispiels in Teil 1 das Kind Alleinerbe werden und nach Abzug der Zugewinnausgleichsforderung (700 T€) 2.800 T€ erben. Das Kind als Alleinerbe tritt in die Schuldnerstellung des Erblassers (§ 1967 BGB) ein und muss den Anspruch auf Geldforderung der Mutter i.H. von 700 T€ aus dem Zugewinn bedienen. Darüber hinaus kann die Ehefrau ihren Pflichtteil i.H. von 1/8 (½ von ¼) von 2.800 T€ = 350 T€ geltend machen. Sie hat damit einen Anspruch auf insgesamt 1.050 T€. In diesem Beispiel wäre die Ausschlagung für die Ehefrau nicht vorteilhaft. 


Wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt und den konkreten Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB) verlangt, dann erhält er bis auf den „kleinen Pflichtteil“ keinen Anteil am Nachlass, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Nachlass. Das bedeutet, dass es sich nicht um einen Erwerb von Todes wegen i.S. des § 3 ErbStG handelt und der Anspruch damit insoweit nicht steuerbar, also nicht erbschaftsteuerpflichtig ist. 

5. Exkurs: Unbenannte Schenkung durch Bauinvestition in fremdes Eigentum? 

Ein Aspekt könnte sein, dass die Ehefrau in das Gebäude investiert hat, das gem. Ausgangsfall in Teil I zivilrechtlich allein dem Ehemann gehört. Ob dies eine unbenannte Schenkung darstellt, ist rechtlich umstritten. Der BGH geht grundsätzlich davon aus (Urteil vom 27.5.2003, Az.: X ZR 28/02), dass bei einer lebenspartnerschaftlichen Zweckverfolgung (z.B. gemeinsame Immobilie zur Eheführung, keine Rückforderungsabsicht) keine Schenkung i.S. des § 516 BGB vorliegt. Vielmehr handelt es sich dann um eine „unbenannte Zuwendung unter Ehegatten“, also um eine freiwillige, zweckgerichtete Vermögensübertragung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft. 

Rückforderungsansprüche (etwa über § 313 BGB) kommen nur im Fall der Scheidung in Betracht – nicht im Todesfall. Die Ehefrau trägt also finanziell zur Wertschöpfung des Vermögens ihres Mannes bei – ohne gesicherte Rückforderung. In vergleichbaren Fällen können vor dem Bau über vertragliche Vereinbarungen Ausgleichansprüche geregelt werden. 

Fazit

Die Behandlung von geerbtem Vermögen und dessen Wertsteigerungen im Zugewinnausgleich sowie die Frage der steuerlichen Behandlung beim Tod eines Ehegatten erfordern eine sorgfältige Analyse. Insbesondere in komplexen Familienkonstellationen mit mehreren Erben und hohem Immobilienanteil empfiehlt sich eine vorausschauende Gestaltung. Ein frühzeitiger Wechsel der Eigentumsverhältnisse und gezielte güterrechtliche sowie testamentarische Gestaltungen können sowohl zur Wahrung familiärer Gerechtigkeit als auch zur Steueroptimierung beitragen.