Kann der Urlaubsabgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen?
Spätestens seit einem richtungsweisenden Urteil des EuGH aus dem Jahr 2018 ist klar, dass der Urlaubsanspruch nur noch dann am Ende des Jahres verfallen kann, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachkommt. Ob das auch für den Urlaubsabgeltungsanspruch gilt, soll nachfolgender Beitrag erläutern.
Ausgangssituation
In § 7 Abs. 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) ist geregelt, dass der gesetzliche Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden muss. Eine Übertragung des Urlaubs in das nächste Kalenderjahr kann nur dann erfolgen, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe das rechtfertigen. Im Jahr 2018 äußerte sich der Europäische Gerichtshof zum etwaigen Verfall von Urlaubsansprüchen und entschied unter Beachtung des Art. 7 der Europäischen Richtlinie 2003/88/EG, dass Urlaubsansprüche nur noch dann am Ende eines jeden Jahres verfallen können, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer rechtzeitig darauf hinweist.
Urlaubsabgeltungsanspruch
Scheidet ein Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus und kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht genommen werden, ist der Urlaub abzugelten.
Der Anspruch auf Freistellung wandelt sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann in einen Zahlungsanspruch um (so § 7 Abs. 4 BurlG). Dieser Zahlungsanspruch kann nur im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden, ein Anspruch auf Zahlung im laufenden Arbeitsverhältnis ist dagegen ausgeschlossen.
Verfall und Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen
In mehreren Entscheidungen des BAG und insbesondere des LAG Köln (Urteil vom 12.12.2024, Az.: 3 SLa 356/24) wurde klargestellt, dass Urlaubsabgeltungsansprüche Verjährungs- und Verfallfristen unterliegen können (letzteren dann, wenn die Verfallfristen wirksam im Arbeitsvertrag vereinbart wurden). Der Lauf der Verjährungs- und Verfallfristen hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber zuvor seiner Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheit nachgekommen ist.
Das BAG geht beispielsweise in einer Entscheidung aus dem Jahr 2023 davon aus, dass zwischen einem Urlaubsanspruch während des Arbeitsverhältnisses und einem Urlaubsabgeltungsanspruch keine sog. Zweckidentität besteht. Denn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses könne der Arbeitnehmer nicht mehr bezahlt freigestellt werden, um sich zu erholen. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei der Arbeitgeber deshalb nicht mehr dazu verpflichtet, seine Arbeitnehmer durch etwaige Hinweise dazu zu bewegen, ihren Urlaub zu nehmen. Eine Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheit gebe es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Die dreijährige Verjährung beginnt nach den gesetzlichen Vorschriften (§§ 195, 199 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt.
Exkurs
Etwas anderes soll nach der Rechtsprechung nur dann gelten, wenn es sich um Ansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum 6.11.2018 handelt, also vor der Entscheidung des EuGH. Bei diesen Ansprüchen geht das BAG davon aus, dass es Arbeitnehmern vor Erlass des Urteils und der damit verbundenen Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers nicht zumutbar gewesen sei, die Ansprüche früher auch gerichtlich durchzusetzen. Die Verjährung konnte daher nicht vor Ablauf des Jahres 2018 beginnen.