Steuerliche Optimierungen unter Ehegatten durch Anwendung der Güterstandsschaukel: Chancen und Risiken bei Vermögensübertragungen

Bei richtiger Anwendung der Güterstandsschaukel kann diese dazu genutzt werden, steuerliche Freibeträge bei einer angedachten Vermögensnachfolge optimal auszunutzen oder Steuertarife zu reduzieren. Auch bei einer verunglückten Schenkung zwischen Ehegatten kann sie hilfreich sein, um diese nachträglich zu heilen. Sie kann außerdem dazu genutzt werden, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche zu reduzieren oder das Vermögen vor dem Zugriff Dritter zu schützen, aber ggf. auch dazu, neues AfA-Potential zu schaffen.
Ermittlung von Zugewinnausgleichsansprüchen
Die Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche Güterstand. Ehegatten, die keinen Ehevertrag geschlossen haben, leben in diesem Güterstand und haben getrennte Vermögen. Bei Beendigung der Zugewinngemeinschaft ist der während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft jeweils erzielte Zugewinn zwischen den Ehegatten auszugleichen.
Die Zugewinngemeinschaft endet automatisch durch den Tod eines Ehegatten oder durch Scheidung. Sie kann aber auch unter Lebenden während des Bestehens der Ehe durch einen Ehevertrag und den Wechsel zur Gütertrennung beendet werden, um eines der o.g. Ziele zu erreichen.
Zur Ermittlung der Zugewinnausgleichsforderung sind das Anfangs- und das Endvermögen jedes Ehegatten zu ermitteln. Vermögen, das während des Bestehens der Zugewinngemeinschaft von einem der Ehegatten durch Erbfolge oder Schenkung erworben wurde, ist grundsätzlich dessen Anfangsvermögen hinzuzurechnen. Aus dem Abzug des Anfangsvermögens vom Endvermögen ergibt sich der erzielte Zugewinn. Anschließend ist der kleinere vom größeren Zugewinn abzuziehen. Die Hälfte der Differenz bildet die Zugewinnausgleichsforderung, die dem Ehegatten mit dem niedrigeren Zugewinn zusteht. Vorschenkungen zwischen den Ehegatten werden auf die Ausgleichsforderung angerechnet.
Ein in dieser Weise zwischen Lebenden entstehender, nach gesetzlichen Vorschriften ermittelter Zugewinnausgleichsanspruch ist nicht steuerpflichtig (§ 5 Abs. 2 ErbStG). Vermögen kann so steuerneutral zwischen den Ehegatten verschoben werden.
Klassische und doppelte Güterstandsschaukel
Bei der klassischen Güterstandsschaukel leben die Ehegatten bisher in der Zugewinngemeinschaft (modifiziert oder nicht). Es erfolgt ein Wechsel von der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung (Hinschaukel) und wieder zurück zur Zugewinngemeinschaft (Rückschaukel).
Laut einem Grundsatzurteil des BFH ist dieser Weg steuerlich anerkannt. Die Vertragsfreiheit zwischen Ehegatten nach § 1408 BGB erlaube solche Gestaltungen, sie seien daher nicht rechtsmissbräuchlich. Obwohl der BFH klarstellt, dass keine Mindestdauer für die Beibehaltung der Gütertrennung erforderlich ist, wird zur Einhaltung einer „Schamfrist“ geraten.
Grundvoraussetzung zur Durchführung einer Güterstandsschaukel ist die Zugewinngemeinschaft. Wenn die Ehegatten bislang im Güterstand der Gütertrennung leben und Vermögen steuerfrei übertragen wollen, können sie rückwirkend (frühestmöglicher Zeitpunkt zu Beginn der Ehe) die Zugewinngemeinschaft vereinbaren. Sie können dann in die Gütertrennung wechseln und den Zugewinn ausgleichen. Nach Ausgleich des Zugewinns können Sie entweder den Güterstand der Gütertrennung beibehalten oder noch einmal zurück zur Zugewinngemeinschaft wechseln (doppelte oder umgekehrte Güterstandsschaukel).
Zivilrechtlich ist diese Gestaltung ebenfalls möglich und wirksam. Der BGH erkennt eine solche rückwirkende Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft aufgrund der in § 1408 BGB geregelten Ehevertragsfreiheit als zulässig an. Auch steuerlich sind diese zivilrechtlichen Maßstäbe zu berücksichtigen und werden vom BFH ausdrücklich anerkannt. Die Finanzverwaltung äußert hier jedoch Bedenken, wenn erbrechtliche Absichten im Vordergrund stehen könnten.
Fallstricke bei der Durchführung
Ein Zugewinnausgleich bei fortbestehender Zugewinngemeinschaft ohne Güterstandswechsel (sog. fliegender Zugewinnausgleich) wird steuerlich nicht anerkannt. Es liegt keine Beendigung des Güterstands vor, weshalb § 5 Abs. 2 ErbStG nicht greift. Es ist daher nicht möglich, den Zugewinn steuerfrei auszugleichen, ohne auch zivilrechtlich den Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu beenden.
Wird die Ausgleichsforderung nicht durch Geld, sondern durch die Übertragung von Immobilien, Wertpapieren, Betriebsvermögen oder Gesellschaftsanteilen erfüllt, entsteht zwar keine Schenkungsteuer, es kann aber zur Aufdeckung stiller Reserven kommen. Dies kann ertragsteuerliche Konsequenzen haben, da die Übertragung als Veräußerung zu qualifizieren sein kann. Um dies zu vermeiden, sollte der Zugewinnausgleich idealerweise in Geld erfolgen oder ggf. die Übertragung vor Beendigung des Güterstands (unter der Bestimmung der Anrechnung auf einen Zugewinnanspruch) stattfinden (unter Einhaltung einer Schamfrist). Alternativ kann auch ein Ausgleich des Zugewinns durch Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände vor Beendigung des Zugewinns vereinbart werden. Beide Alternativen sollten vorab durch eine verbindliche Auskunft abgesichert werden.
Verzichtet der ausgleichsberechtigte Ehegatte auf eine bereits entstandene Ausgleichsforderung, kann dies als freigebige Zuwendung gelten und Schenkungsteuer auslösen. Um dies zu vermeiden, sollte der Verzicht vor Entstehung des Anspruchs erfolgen bzw. die Forderung im Ehevertrag entsprechend modifiziert werden.
Wird ein Zugewinnausgleichsanspruch über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr zinslos gestundet, ist der Rückzahlungsbetrag in einen steuerbaren Zins- und einen nicht steuerbaren Tilgungsanteil aufzuteilen, woraus wiederum eine Schenkungsteuerpflicht resultieren kann.
Chancen
Wie eingangs bereits angesprochen bietet die Durchführung einer Güterstandsschaukel neben der steuerfreien Verschiebung von Vermögen zwischen Ehegatten weitere Chancen:
1. Vermögensübertragung auf Kinder
Soll Vermögen auf gemeinsame Kinder oder Enkel übertragen werden, kann es sinnvoll sein, das zu übertragende Vermögen vorab zwischen den Ehegatten aufzuteilen. Durch die vorherige Aufteilung kann das Vermögen anschließend von beiden Ehegatten übertragen werden, statt nur von einem. Hierdurch kann zum einen ein schenkungsteuerlicher Freibetrag zweifach durch beide Ehegatten ausgenutzt werden. Zum anderen wird insgesamt zwar gleich viel, jeweils aber weniger Vermögen übertragen, was zu einem geringeren Schenkungsteuertarif führen kann.
2. Rückgängigmachung der Schenkungsteuer
Wurde Vermögen bereits von einem Ehegatten auf den anderen übertragen und hierdurch ungewollt Schenkungsteuer ausgelöst, kann die Güterstandsschaukel dazu genutzt werden, die Entstehung der Schenkungsteuer rückgängig zu machen. Bei der Durchführung des Zugewinnausgleichs sind Schenkungen zwischen den Ehegatten grundsätzlich auf den Zugewinnausgleichsanspruch anzurechnen. Durch die Anrechnung entfällt die Freigebigkeit der Zuwendung. Die Schenkung wird rückgängig gemacht und die Schenkungsteuer erlischt rückwirkend.
3. Pflichtteilsverringerung
Auch im Erbrecht kann die Güterstandsschaukel eine sinnvolle Strategie sein. Hat der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn einen potenziellen Erben, der im Erbfall Anspruch auf einen Pflichtteil hat, kann die Güterstandsschaukel dazu genutzt werden, diesen Pflichtteil zu verringern. Durch den Zugewinnausgleich wird das Vermögen des Erblassers zugunsten des anderen Ehepartners reduziert. Dadurch hinterlässt der Erblasser weniger Vermögen, was wiederum den Pflichtteilsanspruch entsprechend mindert.
4. Vorteile bei finanzieller Notlage
Ein weiterer Vorteil kann sich bei einer finanziellen Schieflage eines Ehegatten ergeben. Die Vermögensübertragung per Güterstandsschaukel wird als entgeltlicher Rechtsanspruch betrachtet. Sollte der Ehegatte, der den Vermögensausgleich leisten muss, in eine finanzielle Notlage geraten und insolvent werden, können Gläubiger ein Interesse an diesem Ausgleichsanspruch entwickeln.

Der entscheidende Unterschied zu einer Schenkung – einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft – liegt in der kürzeren Anfechtungsfrist. Bei einer entgeltlichen Übertragung von Vermögen an eine nahestehende Person, wie sie bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft erfolgt, beträgt die Anfechtungsfrist nur zwei Jahre. Im Gegensatz dazu gilt bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften eine doppelt so lange Frist von vier Jahren.
5. Neues AfA-Volumen
Wie bereits beschrieben, besteht bei einer Übertragung von steuerverstrickten Vermögensgegenständen zum Ausgleich des Zugewinns die Gefahr der Realisation eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns. Auf der anderen Seite bietet sich hier aber auch die Chance, neues steuerlich nutzbares Abschreibungsvolumen zu schaffen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Immobilien übertragen werden, die durch eine Besitzdauer von über 10 Jahren nicht mehr steuerverstrickt sind. Sie können steuerneutral zum Ausgleich des Zugewinns von einem auf den anderen Ehegatten übertragen werden. Hierin liegt für den Ausgleichsverpflichteten eine steuerfreie Veräußerung und für den Berechtigten eine Anschaffung. Die Anschaffungskosten können dann von dem empfangenden Ehegatten wieder steuermindernd geltend gemacht werden.
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