Steuern
10. Jan. 2025
RA/StB Christian Wilke

Disquotale Leistungen als Schenkungen?

Nachdem die ertragsteuerliche Behandlung von disquotalen Leistungen in der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung geklärt wurde, rückt nun die schenkungsteuerliche Beurteilung mit einem BFH-Urteil aus 2024 verstärkt in den Fokus.

Ertragsteuerliche Anerkennung disquotaler Gewinnausschüttungen 

Die ertragsteuerliche Behandlung von disquotalen Gewinnausschüttungen war durch ein BFH-Urteil vom 28.9.2022 (Az.: VIII R 20/20) und ein BMF-Schreiben vom 4.9.2024 geklärt worden. Danach werden disquotale Gewinnausschüttungen unter bestimmten Voraussetzungen ertragsteuerlich anerkannt – insoweit kann auf die Ausführungen in der Ausgabe 10/2024 des PKF-Magazins verwiesen werden.

Disquotale Einlage als Schenkung 

Nicht für die disquotale Gewinnausschüttung, aber für die disquotale Einlage (sie liegt vor, wenn ein Gesellschafter eine Einlage in die GmbH tätigt, die nicht seiner kapitalmäßigen Beteiligung entspricht) ist die Frage einer Schenkung mit dem BFH-Urteil vom 10.4.2024 (Az.: II R 22/21) dahingehend beantwortet worden, dass bei einer disquotalen Einlage eine Schenkung des leistenden Gesellschafters an die anderen Gesellschafter vorliegen kann.

Der BFH begründet in diesen Fällen eine Schenkung mit der Anwendung von § 7 Abs. 8 ErbStG, wenn sich die Gesellschaftsanteile der anderen Gesellschafter durch die disquotale Einlage wertmäßig erhöhen. Da das Gesetz in § 7 Abs. 8 ErbStG eine Schenkung fingiert, kommt es nach Ansicht des BFH nicht darauf an, ob die Leistung durch den Gesellschafter freigebig erfolgt.

Hinweis

Es ist somit nicht erforderlich, dass dem Gesellschafter bewusst ist, dass seine Leistung im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftern der GmbH unentgeltlich erfolgt.

Disquotale Gewinnausschüttung ebenfalls als Schenkung? 

Ob aber bei einer disquotalen Gewinnausschüttung eine Schenkung zwischen den Gesellschaftern einer GmbH bejaht werden kann, ist noch umstritten.

Gegen eine Schenkung wird eingewendet, dass die anderen Gesellschafter nicht entreichert seien, da die Leistung (die Gewinnausschüttung) von der GmbH kommt. Ferner fehle es an einer gesetzlichen Regelung zur Begründung einer Schenkung, wie es das Gesetz mit § 7 Abs. 8 ErbStG für die verdeckte Einlage vorsieht.

Für das Vorliegen einer Schenkung spricht, dass die anderen Gesellschafter den begünstigten Gesellschafter bei einer wirtschaftlichen Betrachtung bereichern. Sollten die Gesellschafter zusätzlichen einen Willen zur Freigebigkeit haben, sei eine Schenkung zu bejahen.

Die Finanzverwaltung hatte sich hierzu in der Vergangenheit dahin geäußert, dass in Fällen einer nicht leistungsbezogenen disquotalen Gewinnausschüttung eine Schenkung vorliegen kann. Zwar wurden die betreffenden BMF-Schreiben inzwischen aufgehoben, ob aber damit die Finanzverwaltung auch ihre Rechtsauffassung aufgegeben hat, ist zweifelhaft.