Steuern
04. Nov. 2024
WP/StB Dr. Dietrich Jacobs

Tonnagesteuer: Strenge Anforderungen an eine pauschale Besteuerung

Unternehmen mit inländischer Geschäftsleitung können auf Antrag ihren steuerlichen Gewinn aus dem Betrieb von im Inland registrierten Seeschiffen im internationalen Verkehr pauschal ermitteln, sofern diese Schiffe auch im Inland bereedert werden. Für dieses Wahlrecht zur sog. Tonnagebesteuerung stellt der BFH jedoch hohe Voraussetzungen auf.

Vercharterung eines Seeschiffs im internationalen Verkehr

Im Urteilsfall betrieb eine deutsche GmbH & Co. KG ein Seeschiff im internationalen Verkehr und hatte das Schiff dabei für mehrere Jahre (zeit-)verchartert. Die GmbH & Co. KG hatte mit einem inländischen Bereederer einen Vertrag abgeschlossen; dieser wiederum war diverse Unterverträge mit verschiedenen ausländischen Gesellschaftern eingegangen: 

  • einen Vertrag über die technische Bereederung mit einem „Technical Manager“
  • Manning Agreements mit Crewing Agencies
  • Verträge mit mehreren Versicherungsmaklern. 

Der BFH versagte im Urteil vom 6.6.2024 (Az.: IV R15/21) die Tonnagebesteuerung, weil der Anwendungsbereich dieser Regelung auf diejenigen Fälle begrenzt sei, in denen die Bereederung fast ausschließlich im Inland erfolgt. Als Bereederung versteht der BFH in diesem Zusammenhang das Management des Schiffsbetriebs in technischer, kommerzieller und personeller Hinsicht, wobei auf die (weder abschließende noch überschneidungsfreie) Auflistung der zugehörigen Tätigkeiten im einschlägigen BMF-Schreiben vom 10.7.2023 (sog. „Tonnagesteuererlass“) abgestellt werden kann. Dabei ist der Ort der Bereederung dort, wo die maßgeblichen Managemententscheidungen getroffen werden und deren Durchführung bzw. Umsetzung überwacht wird.

Voraussetzungen für die Anwendung der Tonnagebesteuerung

Wann die Bereederung zumindest fast ausschließlich im Inland erfolgt, ist nur individuell unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Regelmäßig soll jedoch dem technischen Management, der Befrachtung und der Bemannung des Schiffs mit Kapitän und Offizieren besondere Bedeutung zukommen. Bereits wenn einer dieser Bereiche zu wesentlichen Teilen nicht im Inland durchgeführt werde, sei hieraus regelmäßig auf eine nicht fast ausschließlich inländische Bereederung zu schließen. Auf dieser Grundlage legte der BFH schließlich detailliert dar, dass das technische Management, die Bemannung und der Bereich der Versicherungen im Urteilsfall nicht fast ausschließlich im Inland erfolgt sind und daher die Tonnagebesteuerung nicht zu gewähren sei.

Der Urteilsfall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Tätigkeiten der ausländischen Dienstleister sehr umfangreich ausfielen: So war es z.B. Aufgabe der Versicherungsmakler, sämtliche Versicherungsverträge für das Schiff auszuhandeln und abzuschließen. Die Crewing Agencies waren nicht nur im Rahmen von Hilfstätigkeiten engagiert, sondern führten u.a. eine Vorauswahl des Personals sowie Schulungen durch und waren zudem u.a. in die Heuerabrechnungen der Seeleute eingebunden. Auch der ausländische technische Manager erledigte schließlich einen großen Aufgabenbereich.

Ausblick und Empfehlungen

Selbst wenn der entschiedene Fall recht speziell war, ist dennoch zu erwarten, dass die deutsche Finanzverwaltung künftig die inländische Bereederung noch stärker als bisher überprüfen wird. Wollen Unternehmen von der deutschen Tonnagebesteuerung Gebrauch machen, könnten sie selbst eine Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse bei ihrem Bereederer in Erwägung ziehen oder sich über entsprechende Vertragsklauseln absichern. Deutsche Bereederer sollten dokumentieren, wo die maßgeblichen Managemententscheidungen getroffen werden und die Überwachung ihrer Durchführung erfolgt.