Mindeststeuer – Herausforderung nicht nur für Großkonzerne
Ab dem Jahr 2024 hat Deutschland die sog. Mindeststeuer eingeführt. Danach haben Großunternehmen eine effektive Besteuerung von mindestens 15% auf den weltweiten Gewinn sicherzustellen. Im Folgenden stellen wir zunächst das Konzept der internationalen Regelung und anschließend das deutsche Mindeststeuergesetz vor.
Elemente des Mindeststeuersystems
Die Mindeststeuer beruht auf einem auf OECD-Ebene abgestimmten Konzept („Pillar 2“), das bei großen Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Umsatz von mindestens 750 Mio. € (nachfolgend: Großkonzernen) eine effektive Besteuerung von mindestens 15% auf den weltweiten Gewinn sicherstellen soll, um damit einem seitens diverser Staaten als schädlich empfundenen internationalen Steuerwettbewerb entgegenzuwirken.
Das Mindeststeuersystem beinhaltet die folgenden vier wesentlichen Elemente bzw. Mechanismen:
1. Subject-to-Tax-Regelung
Abweichend von den bisherigen typischen Regeln soll es Quellenstaaten nach dem OECD-Konzept erlaubt sein, auf bestimmte Zinsen, Lizenzgebühren und andere Zahlungen innerhalb einer Unternehmensgruppe zusätzliche Steuern zu erheben, sofern diese Zahlungen im Empfängerstaat mit weniger als 9% besteuert werden. Die geplante großflächige Umsetzung soll u.a. in Gestalt eines multilateralen Übereinkommens zwischen den Staaten erfolgen. Dies wird voraussichtlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Anwendbarkeit der Subject-to-Tax-Regelung soll dabei nicht auf große Unternehmen/Gruppen beschränkt sein.
2. Nationale Ergänzungssteuer
Deutschland und andere Staaten erheben eine nationale Ergänzungssteuer, wenn die effektive Steuerlast von in ihrem Gebiet ansässigen Konzernunternehmen unterhalb von 15% liegt. Grundsätzlich werden von diesem Mechanismus nur Großkonzerne erfasst. Allerdings können auch kleinere Unternehmen, die gar nicht konsolidiert werden, z.B. im Fall von Joint-Venture-Strukturen betroffen sein.
3. Primärergänzungssteuer
Soweit ein Großkonzern nach Anwendung der vorgenannten Stufen niedrigbesteuert ist, wird grundsätzlich auf Ebene des obersten Mutterunternehmen eine zusätzliche Steuer erhoben, mit der die Steuerbelastung der Gewinne auf 15% angehoben wird.
4. Sekundärergänzungssteuer
Wendet der Staat des obersten Mutterunternehmens keine Primärergänzungssteuer an, so sind bei verbleibender Minderbesteuerung seitens der (weiteren) Staaten, in welchen die Unternehmenseinheiten ansässig sind, Sekundärergänzungssteuern zu erheben. Der Steuererhöhungsbetrag für die gesamte Gruppe wird dabei je zur Hälfte nach den Beschäftigtenzahlen und den Vermögenswerten auf diejenigen Staaten verteilt, die eine Sekundärergänzungssteuer erheben. Wie die Primärergänzungssteuer betrifft auch die Sekundärergänzungssteuer im Wesentlichen große Unternehmen/Gruppen und wird in Deutschland bei kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr erstmals für das Kalenderjahr 2025 erhoben.
Notwendige Maßnahmen
Die meisten Großkonzerne haben sich schon seit geraumer Zeit auf die Mindeststeuer vorbereitet, z.B. indem sie die für die Berechnungen und Steuererklärungen notwendigen Datenerhebungen vorbereitet und die zugehörigen Prozesse etabliert haben. Jedoch bedarf das System der Mindeststeuer steuerplanerisch wie auch im Hinblick auf die Compliance der fortgesetzten Beobachtung des Regelwerks in allen Staaten, in denen Unternehmenseinheiten bestehen. Zudem stellen die zutreffende Abbildung der aus diesen Regelwerken bzw. ihren Veränderungen resultierenden Konsequenzen die Unternehmen regelmäßig vor erhebliche Herausforderungen. Professionelle Unterstützung erscheint daher in diesen Bereichen angezeigt. Dies betrifft ggf. auch und gerade nachgeordnete Unternehmenseinheiten, die möglicherweise nicht in dem erforderlichen Umfang auf die Unterstützung einer bei der Zentral- bzw. Muttereinheit angesiedelten Steuerabteilung zurückgreifen können.
Eine oft komplexe Aufgabe stellt sich für Großkonzerne, wenn sie erstmals in den Anwendungsbereich der Primär- bzw. Sekundärergänzungssteuer fallen: Die Bestimmung der zu erhebenden Daten sowie die Einrichtung der entsprechenden Abläufe erfordern regelmäßig einen langfristigen Vorlauf und eine kompetente Begleitung. Für eine gewisse Erleichterung sorgt das deutsche Mindeststeuergesetz zwar dadurch, dass die erwähnte Umsatzgrenze in mindestens zwei von vier dem Geschäftsjahr unmittelbar vorhergehenden Geschäftsjahren erreicht worden sein muss. In Fällen des organischen Wachstums kommt es dadurch faktisch zu einer gewissen Vorlaufzeit. Anders sieht die Situation jedoch im Fall von Zusammenschlüssen oder Akquisitionen aus: Da es hier auch schon kurzfristig nach der Umstrukturierung zur Mindeststeuerpflicht kommen kann, muss bereits bei der Vorbereitung der Transaktion an die Einrichtung funktionierender Berichtsprozesse und Datenerhebungen gedacht werden.