Immobilienerwerb: Sofortabzug von Erhaltungsaufwand oder Ansatz von anschaffungsnahen Herstellungskosten?
In Zeiten historisch niedriger Zinsen wurden oftmals Immobilien als Vermietungsobjekte erworben und umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt. Diese Investitionen sind nicht nur notwendig, um den Wohnkomfort zu erhöhen, sondern auch, um umweltfreundlichere Alternativen zu schaffen. Steuerlich spielen im Rahmen des Erwerbsvorgangs die sog. anschaffungsnahen Herstellungskosten eine entscheidende Rolle.
Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen und anschaffungsnahen Herstellungskosten
Hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen ist die Unterscheidung zwischen Erhaltungsaufwendungen und anschaffungsnahen Herstellungskosten wichtig. Auch wenn es sich in beiden Fällen um Handwerkerleistungen handelt, sind die ertragsteuerlichen Konsequenzen sehr unterschiedlich.
Erhaltungsaufwendungen fallen für die Instandhaltung und Reparatur einer Immobilie an. Darunter fallen auch Aufwendungen für die Erneuerung von bereits vorhandenen Einrichtungen. Beispielsweise stellen Aufwendungen für den Austausch einer Heizungsanlage sofort abzugsfähige Werbungskosten im Rahmen der Vermietungseinkünfte dar.
Sofern solche Erhaltungsaufwendungen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes anfallen, kommt jedoch die Problematik der anschaffungsnahen Herstellungskosten zum Tragen: Übersteigt die Summe der in diesem Zeitraum angefallenen Nettoaufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes, werden die Aufwendungen steuerlich als Herstellungskosten betrachtet. Im Ergebnis erfolgt dann eine Umqualifizierung der geltend gemachten Werbungskosten zu Anschaffungskosten.
Steuerliche Behandlung und Folgen
Die steuerliche Beurteilung dieser Kosten ist sehr unterschiedlich. Die Erhaltungsaufwendungen dürfen in dem Veranlagungsjahr, in dem der Abfluss erfolgte, als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend gemacht werden. Der gesamte Zahlbetrag wirkt sich steuermindernd aus.
Im Falle von Anschaffungskosten resp. anschaffungsnahen Herstellungskosten erfolgt ein Werbungskostenabzug lediglich über die Abschreibung. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wirken sich regelmäßig 2 bzw. 3 % der Anschaffungskosten auf das Einkommen des Steuerpflichtigen aus.
Nicht zu unterschätzen ist zudem die Steuerbelastung bei einer rückwirkenden Korrektur der Steuerbescheide. Durch die Umqualifizierung wird der Werbungskostenabzug versagt, womit sich die Einkünfte im Jahr der Auszahlung erhöhen. Durch die Erhöhung der Abschreibungsbemessungsgrundlage erfolgt eine Zunahme der Abschreibungsbeträge, weshalb das Einkommen nur anteilig reduziert wird. Weil die Versagung der Erhaltungsaufwendungen nur teilweise kompensiert wird, ergibt sich also regelmäßig eine Nachzahlungsverpflichtung. Für die Änderung der jeweiligen Steuerbescheide kann die Finanzverwaltung eine separate Korrekturvorschrift anwenden.
Praxisbeispiel
Eine Privatperson erwirbt im Jahr 2020 ein Gebäude mit Anschaffungskosten von 1.000.000 €. Für die Beurteilung von anschaffungsnahen Herstellungskosten ergibt sich damit eine Grenze von 150.000 € (15% von 1.000.000 €). In den Jahren 2021 bis 2023 entstehen pro Jahr Ausgaben für die Modernisierung von jeweils 100.000 € (netto).
Immobilienkauf:
1.000.000 € Anschaffungskosten
Erste 3 Jahre nach Anschaffung:
Grenze von 150.000 € (15% von 1.000.000 €) für Bewertung
Für das Jahr 2021 wird eine Anlage V mit Erhaltungsaufwendungen abgegeben. Bereits in der folgenden Erklärung summieren sich die Erhaltungsaufwendungen auf 200.000 € und überschreiten somit die Obergrenze. Daraufhin wird der Einkommensteuerbescheid 2021 rückwirkend hinsichtlich der Werbungskosten geändert. In beiden Veranlagungen darf nur noch die Abschreibung auf der Basis der erhöhten Bemessungsgrundlage geltend gemacht werden. Der Ansatz sofort abzugsfähiger Kosten entfällt.