Grundsteuerreform: Böse Überraschungen bei den ersten Bescheiden

Seit Anfang des Jahres versenden die Kommunen die Grundsteuerbescheide. Für Grundstückseigentümer bringt dieser (voraussichtliche) Abschluss der Grundsteuerreform nun endlich Gewissheit über die Grundsteuerbelastung ab 2025 – mit teils bösen Überraschungen.
Reformprozess im Überblick
Nachdem das Bundesverfassungsgericht in 2018 die Grundsteuerberechnung auf der Basis von Einheitswerten aus 1964 (West) und 1935 (Ost) für verfassungswidrig erklärt hatte, folgte ein mehrstufiger Reformprozess: Festsetzung von Bodenrichtwerten durch Gutachterausschüsse, Grundsteuererklärungen der Eigentümer und Wertfestsetzungen durch Finanzämter als Grundlage für die Erarbeitung der neuen Grundsteuerbescheide durch die Kommunen.
Die Berechnungsmethodik für die neuen Grundsteuererklärungen und Grundsteuermessbeträge gleicht in den einzelnen Bundesländern einem Flickenteppich. In Baden-Württemberg wurden lediglich die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert für die Berechnung herangezogen. In anderen Bundesländern waren hingegen u.a. auch das Baujahr und die Wohnfläche zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Berechnungslogiken ist das Verfahren in den Bundesländern identisch: Das Finanzamt hat einen Grundsteuerwertbescheid (sog. Grundlagenbescheid) und einen Grundsteuermessbescheid erlassen.
Verfahrensrechtliche Einordung
Die bei Grundbesitzeigentümern seit Jahresbeginn eintreffenden Grundsteuerbescheide stellen sog. Folgebescheide dar. Die Kommunen übernehmen in den Grundsteuerbescheid dabei den Grundsteuermessbetrag des Finanzamts ohne weitere Prüfung. Die finale Grundsteuerzahllast kann daher durch die Kommunen zwar nur noch bedingt mittels Festsetzung eines weitestgehenden aufkommensneutralen Hebesatzes beeinflusst werden, was im Einzelfall aber dennoch sehr hohe Anhebungen mit sich gebracht hat.
Belastungsvergleich
Nach einer jahrelangen Hängepartie steht für die meisten Grundstückseigentümer erst seit einigen Wochen fest, wie hoch die Grundsteuerlast ab 2025 tatsächlich ist. Es sind zum Teil deutliche Belastungsverschiebungen zwischen Grundstücksarten und Lagen zu beobachten. In Baden-Württemberg lassen sich exemplarisch bislang folgende Tendenzen erkennen:
- Deutlich mehr zur Kasse gebeten werden unbebaute Grundstücke und große Grundstücke mit Ein- oder Zweifamilienhäusern.
- Tendenziell günstiger wird es für gewerbliche Grundstücke und Grundstücke, auf welchen sich mehrere Einheiten befinden und die Grundsteuerlast daher von mehreren Schultern getragen wird.
Änderungsmöglichkeiten
Die Erhebung eines Widerspruchs gegen den Grundsteuerbescheid hat allerdings geringe Aussichten auf Erfolg, da es sich wie oben dargelegt um einen Folgebescheid handelt. Sollten begründete Zweifel an der Berechnung des Grundsteuerwerts bestehen, müssen diese gegenüber dem Finanzamt und nicht bei der Kommune dargelegt werden. Die Kommune würde bei einer Änderung durch das Finanzamt nachgelagert dann automatisch und auch rückwirkend für das ganze Jahr 2025 die Anpassung mitgehen.
In Baden-Württemberg besteht die Möglichkeit, durch ein qualifiziertes Gutachten einen um 30% niedrigeren Grundsteuerwert nachzuweisen. In den Bundesländern, die das Bundesmodell anwenden, gilt das analog bei dem Nachweis eines um mindestens 40% niedrigeren Grundsteuerwerts. In den meisten Fällen dürfte dies der einzige Weg sein, die von den Finanzämtern festgesetzten Werte zu ändern.
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