Recht
05. Feb. 2025
RA/StB Frank Moormann

Zur Auslegung von Emojis in WhatsApp-Nachrichten

Im Geschäftsverkehr erfolgt zunehmend die Kommunikation zwischen Vertragsparteien auch über digitale Messenger-Dienste wie z.B. das wohl allseits bekannte „WhatsApp“. Zu der Frage, inwieweit solche Nachrichten und die dabei oft verwendeten Emojis rechtliche Wirkung entfalten können, hat das OLG München kürzlich Stellung bezogen.


Sachverhalt: 
Verzögerte Auslieferung

Im Urteilsfall hatte der Kläger Ende 2020 bei einem Autohändler einen neuen Ferrari für über 600 T€ bestellt und bereits rd. 60 T€ angezahlt. Als unverbindlicher Liefertermin war das 2./3. Quartal 2021 vereinbart, mit Möglichkeit zur Anmahnung erst ab April 2022. Die Lieferung verzögerte sich und auf eine WhatsApp-Nachricht des Händlers, dass der Liefertermin nicht eingehalten werden könne und „leider auf das 1. Halbjahr 2022 rutscht“, reagierte der Kläger mit „Ups“ und einem „Grimassen schneidendes Gesicht“-Emoji.
Als das Fahrzeug auch im Mai 2022 noch nicht geliefert war, verlor der Kläger die Geduld. Er setzte eine Nachfrist von drei Wochen, trat nach deren Verstreichen vom Vertrag zurück und forderte die Erstattung der geleisteten Anzahlung. Der Händler verweigerte diese mit dem Hinweis, dass aufgrund des Chatverkehrs eine einvernehmliche Verlängerung des Liefertermins bis zum 30.6.2022 vereinbart worden sei. Außerdem verlangte er seinerseits mehr als 100 T€ Schadensersatz vom Käufer, weil er den letztlich doch auf dem Hof stehenden Ferrari nur mit diesem Nachlass an einen Dritten verkaufen konnte.


Entscheidung: 
Bindungswirkung einer WhatsApp-Nachricht …

Während das Landgericht dem Autohändler überraschenderweise noch Recht gegeben hatte, entschied das OLG München mit Urteil vom 11.11.2024 (Az.: 19 - U 200/24 e) zugunsten des Klägers. 

Das Gericht vertritt allerdings die Ansicht, dass eine Telekommunikation per WhatsApp prinzipiell dem hier vereinbarten Erfordernis der Schriftform genügt, da ein Text zugeht, der dauerhaft aufbewahrt bzw. ausgedruckt werden kann (anderer Auffassung: OLG Frankfurt, Urteil vom 21.12.2023). Ein so übermittelter Text ist nach allgemeinen Grundsätzen dahingehend auszulegen, ob darin eine Willenserklärung mit Rechtsbindungswillen zum Ausdruck kommt oder nicht. Dies gilt auch für enthaltene Piktogramme/Emojis.

… mit Unbehagen ausdrückendem Emoji 

Das Gericht sah hier jedoch in dem verwendeten Emoji keine Zustimmung zur angekündigten Lieferverzögerung und verwies dabei auf die gebräuchlichen Emoji-Lexika Emojipedia und Emojiterra. Danach signalisiert der verwendete Emoji negative oder gespannte Emotionen (Unbehagen, Peinlichkeit) und keinesfalls Zustimmung, wie etwa der „Daumen hoch“-Emoji.

Allgemein erfasste Formen der Telekommunikation …

Die dargestellten Grundsätze gelten für alle Arten der Telekommunikation, auch für SMS-Nachrichten. So kann die rechtswirksame Mahnung einer berechtigten Forderung auch per SMS erfolgen. Dies wäre nicht anders zu beurteilen als etwa der Erhalt einer E-Mail (OLG Hamm, Urteil vom 7.5.2024, Az.: I 4 U 252/22). 

… mit Ausnahme der Sprachnachrichten oder Anhängen

Die Schriftform ist dagegen nicht gewahrt, soweit die Kommunikation über Sprachnachrichten oder angehängte Audio-/Videodateien erfolgt. Hier fehlt es schlichtweg am erforderlichen Text. 

Empfehlung

Im geschäftlichen Umfeld sollte bei der Kommunikation per Smartphone und WhatsApp die gleiche Sorgfalt verwendet werden wie bei der Kommunikation per Mail oder Brief, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Auch Emojis können Rechtswirkungen haben und sind mit Vorsicht einzusetzen. Zu beachten ist ferner, dass deren Bedeutung je nach Nationalität/Kulturkreis durchaus variieren kann.