Der Fall
Die Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH übernahm im Rahmen einer Kapitalerhöhung einen Geschäftsanteil an einer Tochtergesellschaft ihrer GmbH. Eigentlich hätte der neue Geschäftsanteil von der GmbH übernommen werden sollen; tatsächlich wurde durch die notarielle Beurkundung aber die Gesellschafter-Geschäftsführerin Übernehmerin des neuen Gesellschaftsanteils. In der Folge verhielten sich die Beteiligten so, als wenn die GmbH den neuen Geschäftsanteil übernommen hätte:
Die GmbH
- erbrachte die auf den neuen Geschäftsanteil zu zahlende Stammeinlage,
- bilanzierte den neuen Anteil an der Tochtergesellschaft und
- fasste die Gesellschafterbeschlüsse der Tochtergesellschaft.
Ungefähr eineinhalb Jahre später übertrug die Gesellschafter-Geschäftsführerin ihren Anteil an der Tochtergesellschaft auf die GmbH. Im notariellen Übertragungsvertrag wurde niedergelegt, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin einem Irrtum erlegen sei und die nunmehrige Übertragung einer Korrektur des damaligen Fehlers dienen soll.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung lagen in dem Sachverhalt – mit (a) dem Verzicht der GmbH auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung und (b) mit der Verauslagung der Stammeinlage auf den neuen Kapitalanteil – zwei verdeckte Gewinnausschüttungen vor.
Die Frage
Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) ist eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung einer Kapitalgesellschaft, die sich auf ihren steuerbilanziellen Gewinn auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Im vorliegenden Fall hatte der BFH darüber zu entscheiden, inwieweit im o.g. Fall die Vermögensverschiebung im Gesellschaftsverhältnis begründet war.
Die Entscheidung
In seinem Urteil stellt der BFH klar, dass bei einer vGA regelmäßig weder ein Ausschüttungsbewusstsein noch die Absicht vorliegen muss, Gewinne verdeckt auszuschütten. Es muss jedoch überhaupt ein Zuwendungswille bestehen, dessen Existenz oder Fehlen nicht nach dem Maßstab eines abstrakten „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“, sondern allein aus der konkreten Perspektive des Handelnden zu beurteilen ist. Legt die Gesellschafter-Geschäftsführerin überzeugend dar, dass sie bei der Beurkundung im Irrtum war und den neuen Geschäftsanteil an der Tochtergesellschaft gar nicht sich selbst, sondern der GmbH zuweisen wollte, liegt daher keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
PKF-Kommentar
Das Urteil kann sich für den Steuerpflichtigen z.B. im Rahmen von Abwehrargumentationen in einer Betriebsprüfung als hilfreich erweisen. Die Anzahl der Fälle, in denen es tatsächlich am Zuwendungswillen fehlt, dürfte jedoch überschaubar sein.