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Blogbeitrag
18.07.2025

Influencer:innen im Fokus der Finanzverwaltung

Influencer:innen sind längst keine Randerscheinung mehr: Die Werbeleistungen von Influencer:innen sind für viele Unternehmen mittlerweile unverzichtbar geworden, weil diese über Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube Millionen von Followern mit Werbebotschaften erreichen. Mit solchen Werbeaktivitäten verdienen Influencer:innen teils beträchtliche Summen. Die Finanzverwaltung hat diese Berufsgruppe daher zunehmend im Visier

Die aktuelle Berichterstattung zu den Ermittlungen der Finanzverwaltung legt nahe, dass es bei den Influencer:innen primär um Einkommensteuerthemen geht. Aber auch die Umsatzsteuer birgt ein erhebliches Risiko, wenn diese durch die Influencer:innen nicht ordnungsgemäß erklärt und gezahlt wird. Es ist daher davon auszugehen, dass auch die richtige umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen durch Influencer:innen zunehmend in den Fokus der Finanzbehörden rückt. 

Daher sollten sich Influencer:innen frühzeitig auch mit Blick auf die Umsatzsteuer beraten lassen. 

Unternehmerbegriff und Unternehmereigenschaft

Die zentrale Frage im Umsatzsteuerrecht ist, ob Influencer:innen „Unternehmer“ im Sinne von § 2 UStG sind, denn nur dann unterliegen ihre Umsätze der Umsatzbesteuerung. Nach ständiger Rechtsprechung ist Unternehmer, wer nachhaltig, selbstständig und mit Einnahmeerzielungsabsicht eine Tätigkeit ausübt.

Wichtig: Auch wenn Influencer:innen nur „Produkte gegen Posts“ erhalten – also, wenn sie für ihren Post oder für die in ihrer Story ausgesprochene Produktempfehlung keine Geldleistung, sondern z.B. eine bestimmte Menge des beworbenen Produkts zur Selbstnutzung oder zum Weiterverkauf bekommen – kann dies eine unternehmerische Tätigkeit darstellen, denn auch in diesen Fällen ist eine Einnahmeerzielungsabsicht der Influencer:innen anzunehmen.

Leistungen gegen Sachzuwendungen

Die Praxis zeigt: Viele Influencer:innen erhalten für Werbeleistungen Sachzuwendungen wie Kleidung, Kosmetika oder Reisen. Diese sogenannten „Barter-Deals“ stellen aus Sicht der Umsatzsteuer als sogenannte tauschähnliche Umsätze zwei separat zu betrachtende Leistungen dar: 

  1. die Werbeleistung der Influencer:innen,
  2. die Lieferung des beworbenen Produkts durch den Geschäftspartner 

Beispiel: Ein deutscher Sportartikelhersteller sendet einer inländischen Influencerin, die keine Kleinunternehmerin ist, Laufschuhe mit der Erwartung, dass diese die Schuhe ihren Followern auf Instagram präsentiert. Der Hersteller erwartet keine Rückgabe der Schuhe. Die Influencerin erhält für diese Werbeleistung somit ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt in Form der Schuhe. 

Umsatzsteuerliche Folgen 

  • Bemessungsgrundlage bei solchen tauschähnlichen Umsätzen ist der Marktwert der empfangenen Ware (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG). Dies gilt im vorstehenden Beispiel für die Werbeleistung der Influencerin an den Hersteller genauso wie für die Schuhlieferung des Herstellers an die Influencerin. In der Praxis stehen sich aber Leistung und Gegenleistung zumeist gleichwertig gegenüber.
  • Die Influencerin muss die Umsatzsteuer aus ihrer Werbeleistung (Bemessungsgrundlage*19%) dem Finanzamt melden und abführen und zudem dem Hersteller eine ordnungsgemäße Rechnung (mit gesondertem Umsatzsteuerausweis) stellen. Alternativ kann der Hersteller der Influencerin eine Gutschrift erteilen.
  • Ungeachtet dessen muss der Hersteller der Influencerin über die Lieferung der Schuhe eine ordnungsgemäße Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilen. Die Influencerin kann die Umsatzsteuer aus dieser Rechnung als Vorsteuer geltend machen.

Kooperationen mit ausländischen Unternehmen

Besondere Vorsicht ist bei Kooperationen mit Unternehmen aus dem EU-Ausland oder Drittländern geboten. Hier können zusätzliche Regelungen, wie die Verlagerung des umsatzsteuerlichen Leistungsortes ins Ausland (§ 3a Abs. 2 UStG) und dort das Reverse-Charge-Verfahren (also der Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger analog zu § 13b UStG im Inbound-Fall) greifen.

Beispiel: Ein französischer Kosmetikhersteller beauftragt eine deutsche Influencerin mit einem Produkttest. Wenn die Leistung als sonstige Leistung im Sinne des § 3a Abs. 2 UStG qualifiziert wird, liegt der Ort für die Werbeleistung der Influencerin in Frankreich. Greift in Frankreich das Reverse Charge-Verfahren, geht die französische Umsatzsteuerschuld auf den Kosmetikhersteller über. Nichtdestotrotz muss die Influencerin diese innergemeinschaftliche Dienstleistung in Deutschland in einer Zusammenfassenden Meldung und ggf. auch in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung und/oder Umsatzsteuererklärung melden.

Weitere Zuwendungen

Auch wenn Influencer:innen keine Geld- oder Sachzuwendungen für Werbemaßnahmen erhalten, kann eine Umsatzbesteuerung in Betracht kommen. So sollen auch sog. „Donations“, die Influencer:innen insbesondere bei Livestreams von ihren Followern erhalten, Entgelt für die von den Influencer:innen erbrachten Unterhaltungsleistungen sein. Auch diese Unterhaltungsleistungen unterliegen damit der Umsatzsteuer. Diese kann - je nachdem, an welchem Ort die Leistung erbracht wird - im In- oder Ausland anfallen. Liegt der Leistungsort im Ausland macht dies die umsatzsteuerliche Behandlung komplexer.

Kleinunternehmerregelung – ja oder nein?

Viele Influencer:innen argumentieren, sie würden die Kleinunternehmergrenze nach § 19 UStG nicht überschreiten. Das ist möglich, wenn der Vorjahresumsatz (seit 1.1.2025) unter EUR 25.000 lag und der laufende Jahresumsatz EUR 100.000 voraussichtlich nicht überschreitet.

Aber Achtung: Auch Sachzuwendungen sind Teil des Umsatzes! Werden z. B. Reisen oder Technikprodukte als Gegenleistung bezogen, zählen deren Marktwerte zum Gesamtumsatz – was zur Überschreitung der Kleinunternehmergrenze führen kann.

Rechnungsstellung und Dokumentation

Influencer:innen, die umsatzsteuerbare Leistungen an andere Unternehmer erbringen, müssen ordnungsgemäße Rechnungen über ihre Leistungen ausstellen. Bei Sachzuwendungen als Gegenleistung ist die Ermittlung des in der Rechnung auszuweisenden Entgelts mitunter eine Herausforderung.

Tipp: Bei einer Sachleistung als Gegenleistung sollte die Rechnung des Influencers über die Werbeleistung den Zeitwert der erhaltenen Sache als Entgelt ausweisen. Zu diesem Wert muss folglich auch die buchhalterische Erfassung der Werbeleistung erfolgen. Alternativ ist eine Abrechnung zu diesem Wert durch das beworbene Unternehmen im Wege einer Gutschrift möglich.

Gefahren bei Nichtbeachtung

Influencer:innen, die ihre Umsätze nicht oder nicht richtig versteuern, laufen Gefahr, ins Visier von Betriebsprüfungen oder Steuerfahndung zu geraten. Gerade bei Barter-Deals ist die Versuchung groß, solche Leistungen „unter den Tisch fallen zu lassen“. 

Bei Entdeckung drohen:

  • Umsatzsteuer-Nachzahlungen (ggf. zzgl. Zinsen)
  • Verspätungszuschläge
  • Bußgelder sowie
  • Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO).

Fazit: Steuerpflicht ernst nehmen – Beratung empfohlen

Die Umsatzbesteuerung von Influencer:innen ist komplexer, als es zunächst scheint. Wer regelmäßig in Posts und Stories Werbung macht und dafür Sach- oder Geldleistungen erhält, ist Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts – mit allen damit verbundenen Pflichten. Eine sorgfältige steuerliche Beratung ist daher unerlässlich, um Risiken zu vermeiden und die steuerliche Compliance sicherzustellen. Spätestens wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und der Vorwurf einer Umsatzsteuerverkürzung im Raum steht, ist es Zeit sich fachkundigen Rat von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater einzuholen. Es empfiehlt sich aber nachdrücklich, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und sich von Anfang an umsatzsteuerlich beraten zu lassen!

 

Der Beitrag wurde gemeinsam mit Thorsten Haake und Marco Herrmann verfasst.

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