Diese Ansicht beruht im Hinblick auf eine mögliche Verwendung als Organgesellschaft auf der Ansicht, dass es sich bei der stillen Gesellschaft um einen Teilgewinnabführungsvertrag handele, so dass nicht mehr ihr „ganzer Gewinn“ zur Abführung zur Verfügung stehe, wie es von §§ 14, 17 KStG für eine Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft vorgeschrieben ist. Obgleich diese Ansicht schon in der Vergangenheit in der Literatur als vollkommen unsinnig angesehen wurde, war sie zuletzt von zwei Finanzgerichten noch explizit bestätigt worden (FG Düsseldorf vom 12. April 2021, 6 K 2616/17 K,G,F sowie FG Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juli 2022, 1 K 395/14).
Nun hat der BFH mit zwei kürzlich bekanntgewordenen Entscheidungen dem Spuk dieser Interpretation ein Ende bereitet (BFH vom 11. Dezember 2024, I R 33/22 sowie BFH vom 11. Dezember 2024, I R 17/21) und festgestellt, dass auch eine Kapitalgesellschaft, an der eine atypisch stille Beteiligung besteht, Organgesellschaft sein kann: Er begründet dies mit der Überlegung, dass es in einer solchen Situation auf den handelsrechtlichen Jahresüberschuss nach Abzug der Gewinnbeteiligung des Stillen als „ganzen Gewinn“ i.S.d. § 14 KStG ankomme. Der BFH stützt sich dabei im Detail auf die Sichtweise des BGH, dass es sich bei Teilgewinnabführungsverträgen der genannten Art in erster Linie schuldrechtliche Ansprüche des Stillen handele und damit in erster Linie um „Geschäftsunkosten, die - wie andere Verbindlichkeiten auch - den verteilungsfähigen (Rein-)Gewinn der Gesellschaft mindern.“ (BGH vom 16. Juli 2019, II ZR 175/18).
Klarheit haben die erwähnten neuen BFH-Urteile auch in weiterer Hinsicht gebracht:
- So bestätigt der BFH sein Urteil vom 25. Oktober 1995 (I R 76/93, BFH/NV 1996, S.504), wonach eine gewerbesteuerliche Organschaft grundsätzlich nicht bestehen kann, wenn sich am Gewerbebetrieb einer Kapitalgesellschaft als potenzieller Organgesellschaft ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt. Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich der atypisch Stille lediglich an einem von mehreren hinreichend abgegrenzten Geschäftsbereichen der Kapitalgesellschaft beteiligt.
- Zudem hält der BFH fest, dass eine Kapitalgesellschaft Organträgerin im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein kann, wenn sich atypisch stille Gesellschaften nicht auf ihr Handelsgewerbe insgesamt, sondern nur auf verschiedene Niederlassungen der Kapitalgesellschaft beziehen.
Die erwähnten BFH-Ansichten eröffnen gerade für den Mittelstand de facto erfreuliche Gestaltungsmöglichkeiten und sind daher zu begrüßen. Angesichts der klaren Worte des BFH sollte nunmehr die Finanzverwaltung von ihrer erwähnten Auffassung abrücken und das o.g. BMF-Schreiben in Übereinstimmung mit den neuen Urteilen modifizieren.