Im konkreten Fall verkaufte ein Ehepaar Grundstücke, die zum Privatvermögen gehörten. Die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke hatten die beiden Ehegatten vor vielen Jahren im Rahmen einer Nachfolgeregelung im Gesamtgut ihrer gesetzlichen Gütergemeinschaft polnischen Rechts unentgeltlich erworben. Für den Verkauf holten sie sich Unterstützung: Ein im Namen und für Rechnung der Ehegatten agierender Geschäftsbesorger kümmerte sich sowohl um die Verkaufsvorbereitung der Grundstücke (u.a. Aufteilung und Erschließung) als auch um die Vorbereitung der Verkäufe selbst (u.a. Bewerbung und Verkaufsverhandlungen). Die polnische Steuerbehörde war der Meinung, dass die Ehegatten aktiv einer umsatzsteuerrelevanten Tätigkeit nachgehen und damit unternehmerisch tätig seien, selbst wenn sie sich der Unterstützung eines Immobilienfachmanns bedienen. In Polen habe dies Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis zur Folge. Das polnische Finanzgericht war sich nicht sicher und legte die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Der EuGH hat nun entschieden: Zwar werden private Verkäufer nicht wegen des Einsatzes eines Geschäftsbesorgers zum Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts. Verbleibe jedoch in Fällen wie dem vorliegenden - selbst bei umfangreicher Aktivität des vermittelnden Geschäftsbesorgers - das endgültige Risiko (z.B. in Gestalt der Nichterfüllung des Geschäftsbesorgungsvertrags oder des Ausbleibens von Kaufinteressenten) beim Verkäufer, könne auch der Verkäufer von privaten Immobilien zum umsatzsteuerlichen Unternehmer werden. Denn die Situation sei in diesen Fällen weniger mit einem Privatverkauf, mehr jedoch mit dem Verkauf eines Baugrundstücks vergleichbar. Des Weiteren hat der EuGH bestimmt, dass die beiden Ehegatten, die von den polnischen Steuerbehörden einzeln als umsatzsteuerliche Unternehmer behandelt wurden, nicht zuletzt aufgrund des polnischen Güterstandsrechts als ein (einziges) umsatzsteuerliches Unternehmen zu behandeln sein können. Insbes. der Umstand, dass die Grundstücke zum Gesamtgut der gesetzlichen Gütergemeinschaft polnischen Rechts zwischen beiden gehörten, lasse dies ggf. zu.
In der Folge können die Verkäufe von privaten Immobilien durch soweit selbständig tätige Ehegatten oder ggf. Ehegattengemeinschaften im Güterstand der Gütergemeinschaft umsatzsteuerbar und am Ende umsatzsteuerpflichtig sein, wenn das nationale Umsatzsteuerrecht dies vorsieht.
Der letztgenannte Aspekt dürfte in Deutschland infolge der grundsätzlich bestehenden Steuerfreiheit von Immobilienverkäufen weitgehend leerlaufen. Auch erscheint das Potenzial naturgemäß begrenzt, einen Nutzen aus der möglichen optierten Steuerpflicht zu ziehen (z.B. in Gestalt von Vorsteuerberichtigungen). Zu überlegen bleibt jedoch (weiterhin), welche Konsequenzen sich ergeben, wenn Gegenstände oder Mehrheiten von Gegenständen im Privatvermögen vererbt und anschließend verkauft werden, für deren Verkauf keine Umsatzsteuerbefreiung vorgesehen ist (z.B. Kunst-, Uhren- oder Pelzmantelsammlungen).
Anders sieht es womöglich bzgl. des zweiten Aspekts aus, dass die Berücksichtigung des jeweiligen nationalen zivilrechtlichen Güterstandsrechts (mehr) in den Fokus gerückt wird. Führt Letzteres zu einem von der bisherigen Sichtweise abweichenden Verständnis, wer im Zusammenhang mit umsatzsteuerrelevanten Vorgängen von gemeinschaftlich agierenden Ehegatten Leitungs-/Rechnungsempfänger ist, kann dies zu Verwerfungen führen. In der Folge nicht ordnungsgemäßer Rechnungen wird einerseits bei Rechnungsstellern die § 14c UStG-Strafsteuer ausgelöst. Andererseits besteht für rechnungsempfangende Ehegatten oder Ehegattengemeinschaften die Gefahr von zumindest zeitweilig verkürzter Umsatzsteuer infolge eines unzulässigen Vorsteuerabzugs.
Fazit: Der EuGH zieht zumindest insoweit eine klare Linie, indem er für die Abgrenzung von privatem Verkauf und umsatzsteuerrelevantem Handeln vorgibt, auf die Umstände (insbes. Risikotragung) auf Seiten der Verkäufer abzustellen. Je mehr der Verkauf von privaten Immobilien – mit oder ohne Unterstützung von Immobilienprofis – dem Verkauf von Baugrundstücken entspricht, desto wahrscheinlicher ist eine (mehr oder weniger umfangreiche) Umsatzsteuerrelevanz des Vorgangs. Entsprechend in Verdacht stehende Sachverhalte sollte daher im Vorwege auf Herz und Nieren geprüft werden. Des Weiteren bleibt abzuwarten, wie weiter mit der dargestellten Sichtweise auf die Rolle des zivilrechtlichen Güterstandsrechts umgegangen wird. Da die Finanzverwaltung Entwicklungen tendenziell zugeneigt ist, die umsatzsteuerliches Korrektur- und Nachzahlungspotenzial beinhalten, werden ggf. künftig Anpassungsmaßnahmen erforderlich.