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Blogbeitrag
04.11.2025

Das Finanzgericht Hamburg hatte die Frage zu beantworten, ob Werbungskosten einer Familienstiftung im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden i. S. d. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG in voller Höhe oder nur pauschal in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen sind. In seinem mittlerweile rechtskräftigen Urteil vom 27.06.2025 (Az. 5 K 9/25) hat es entschieden, dass nur der Sparer-Pauschbetrag abziehbar sei. Daneben hat das Finanzgericht eine weitere, sehr interessante, Streitfrage aufgegriffen und sich insoweit - abweichend vom Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 15.05.2018, Az. 6 K 357/15 K) - klar positioniert: Liegen Dividenden vor, die keine Streubesitzdividenden sind, ist das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 5 KStG auf Stiftungen nicht anwendbar. Im Ergebnis wären diese Dividenden damit vollständig von der Körperschaftsteuer befreit.

von
Dr. Michael Kortz

Sachverhalt

Die Klägerin war eine nicht steuerbefreite Familienstiftung, die Kapitalerträge u. a. in Form von Dividenden aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von unter 10 % (sog. Streubesitzdividenden i. S. d. § 8b Abs. 4 Satz 1 KStG, d. h. Dividenden, bei denen die Beteiligung weniger als 10 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt) erzielte. Für die Streitjahre 2013 bis 2021 machte die Stiftung erhebliche Werbungskosten geltend, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Streubesitzdividenden standen. Das Finanzamt berücksichtigte diese tatsächlichen Werbungskosten nicht, sondern zog lediglich den geringeren Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab. 

Entscheidung

Das Finanzgericht Hamburg bestätigte die Auffassung des Finanzamtes, dass die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Klägerin hinsichtlich ihrer Streubesitzdividenden Werbungskosten nur in Höhe des Spar-Pauschbetrags abziehen könne. 

Ausgangspunkt dafür ist, dass eine Familienstiftung als Steuerpflichtige i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG nicht wie zum Beispiel eine GmbH nur gewerbliche Einkünfte erzielt gemäß § 8 Abs. 2 KStG, sondern grundsätzlich Einkünfte aus allen Einkunftsarten beziehen kann. Dabei sind nach §§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 1 Satz 1 KStG die einkommensteuerlichen Vorschriften maßgebend, soweit dies mit der Rechtsnatur einer Körperschaft vereinbar ist. Insoweit waren die Streubesitzdividenden der Klägerin keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen werden als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Ausgeschlossen ist dabei aber nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Hs. 2 EStG der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten. Werbungskosten werden stattdessen nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (in den Streitjahren 801 EUR, aktuell 1.000 EUR) abgezogen. Gegen die Anwendung des Sparer-Pauschbetrags spricht nach Auffassung des Finanzgerichts nicht, dass es sich bei der Klägerin um eine Körperschaft handele. Der Sparer-Pauschbetrag sei keine Vorschrift, die unmittelbar an die Eigenschaft einer natürlichen Person anknüpfe. Auch verneinte das Finanzgericht die Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen. Es liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, insbesondere nicht zu Stiftungen, die Dividenden aus Beteiligungen an Körperschaften von 10 % und mehr beziehen. 

Auch aus den Regelungen des § 8b KStG ergebe sich kein höherer Werbungskostenabzug für die Klägerin. Als Familienstiftung unterfällt die Klägerin grundsätzlich dem § 8b Abs. 1 KStG, wonach Dividenden in einem ersten Schritt vollständig von der Körperschaftsteuer befreit werden. Nach § 8b Abs. 5 KStG gelten jedoch 5 % der Dividenden als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben, sodass die Dividenden im Ergebnis nur zu 95 % steuerfrei sind. Anders als im Rahmen des § 20 EStG können jedoch in diesem Zusammenhang die tatsächlichen Betriebsausgaben unbeschränkt abgezogen werden (§ 8b Abs. 5 Satz 2 KStG). Das Finanzgericht stellte insoweit fest, dass die Regelung des § 8b Abs. 5 KStG auf die Streubesitzdividenden der Klägerin nicht anwendbar sei und sich daher auch kein unbeschränkter Werbungskostenabzug ergeben könne. Gegen die Anwendbarkeit spreche zunächst die Regelung des § 8b Abs. 4 KStG. Danach sei weder die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG noch die Regelung zu den Betriebsausgaben des § 8b Abs. 5 KStG anwendbar, wenn - wie bei der Klägerin - die Beteiligung weniger als 10 % betrage. 

Darüber hinaus sei die Regelung des § 8b Abs. 5 KStG nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg aber auch nicht anwendbar, da sie vom Wortlaut nur Betriebsausgaben erfasse. Die Klägerin habe, da die Dividenden Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG darstellen, keine Betriebsausgaben, sondern Werbungskosten. Der Gesetzgeber hätte den Begriff der Werbungskosten in § 8b Abs. 5 KStG ausdrücklich nennen müssen, wenn durch die Regelung auch Werbungskosten erfasst werden sollten. Das Finanzgericht Hamburg widerspricht damit dem Finanzgericht Düsseldorf (v. 15.05.2018, Az. 6 K 357/15 K), das eine gesetzliche Lücke angenommen hatte und daher Werbungskosten im Wege der Auslegung auch von § 8b Abs. 5 KStG erfassen will. 

Fazit

Aus dem Urteil des FG Hamburg ergibt sich zunächst, dass Dividenden, die Familienstiftungen aus Beteiligungen an Körperschaften erhalten, Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen. 

Handelt es sich dabei um sog. Streubesitzdividenden, d. h. die Beteiligung beträgt weniger als 10 %, unterliegen diese nach § 8b Abs. 4 KStG nicht der Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG und der Betriebsausgabenregelung des § 8b Abs. 5 KStG. Die Streubesitzdividende ist daher in voller Höhe körperschaftsteuerpflichtig und Werbungskosten sind nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags abziehbar. Höhere tatsächliche Werbungskosten sind nicht abziehbar. 

Interessant ist das Urteil aber auch für den Fall einer Beteiligung einer Familienstiftung an einer Körperschaft von mindestens 10 %, d. h. es liegen keine Streubesitzdividenden vor. Die Familienstiftung erzielt weiterhin Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Anwendung der § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG wird aufgrund der Beteiligung von mindestens 10 % nicht durch § 8b Abs. 4 KStG ausgeschlossen. Durch das Zusammenspiel von § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG wäre danach die Dividende der Familienstiftung grundsätzlich nur zu 95 % körperschaftsteuerfrei. Nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg ist jedoch § 8b Abs. 5 KStG auch hier nicht anwendbar, da die Regelung nur Betriebsausgaben erfasse, die Familienstiftung aber im Rahmen der Kapitaleinkünfte Werbungskosten hat. Es verbliebe danach allein die Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG, sodass die Dividenden vollständig steuerfrei wären. Für diesen Fall hat das Finanzgericht Hamburg jedoch folgerichtig darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Werbungskosten der Familienstiftung dann nicht abziehbar wären. 

Das Finanzgericht Hamburg hatte die Revision zugelassen, da insbesondere die Frage der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 5 KStG auch auf Werbungskosten nicht geklärt sei. Revision wurde nicht eingelegt, sodass die Frage weiterhin höchstrichterlich nicht geklärt ist. Gleichwohl eröffnet das Urteil für Familienstiftungen mit unmittelbaren Beteiligungen an Körperschaften von mindestens 10 % - sofern diese nicht ausnahmsweise im gewerblichen Bereich gehalten werden - die Chance, Anträge auf eine vollständige Befreiung ihrer Dividenden von der Körperschaftsteuer zu stellen. Sofern dies im Rahmen der Steuererklärungen geschieht, sollte der Sachverhalt aufgrund der unklaren Rechtslage gegenüber dem Finanzamt offengelegt werden. Wahrscheinlich werden die Finanzämter eine vollständige Steuerbefreiung jedoch ablehnen, sodass eine Klageverfahren geführt werden müsste.

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