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Blogbeitrag
15.05.2025

Einmal Tonnagesteuer, immer Tonnagesteuer?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits 2013 (Urteil vom 26. September 2013, Az. IV R 45/11) die Anwendung der Gewinnermittlung nach § 5a EStG (sog. Tonnagesteuer) vom ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal abhängig gemacht, dass der oder die Steuerpflichtige beabsichtigt, im Zeitpunkt der Anschaffung/Herstellung das Seeschiff langfristig zu betreiben. In einem Urteil vom 6. Februar 2025 (Az. IV R 7/22) hatte das Gericht über einen Fall zu entscheiden, in dem nur mehr die Steuerbescheide für das zweite Betriebsjahr änderbar waren.

Sachverhalt

Eine GmbH & Co. KG erwarb im September 2008 ein Seeschiff und stellte es im Oktober 2008 in Dienst. Mit Vertrag vom Dezember 2008 wurde das Schiff an eine Konzerngesellschaft weiterverkauft, die es im September 2009 übernahm. Die GmbH & Co. KG hatte im Dezember 2008 einen Antrag auf Anwendung von § 5a EStG gestellt, aufgrund dessen das FA Gewinnfeststellungsbescheide für 2008 und 2009 unter Anwendung der Tonnagesteuer erließ. 

Während die Steuerbescheide für 2008 bestandskräftig wurden, sind nach Durchführung einer Betriebsprüfung für das Jahr 2009 geänderte Steuerbescheide ergangen, die für das Jahr 2009 die Anwendung der Tonnagesteuer verwehrt haben. Das Jahr 2008 wurde deswegen bestandskräftig, weil das Finanzamt nach rechtzeitiger Prüfungsanordnung tatsächlich verspätet mit der Prüfung begonnen hatte. 

Das BFH-Urteil

Nach Ansicht des BFH kann die Anwendung der Tonnagebesteuerung in einem Folgejahr verwehrt werden, selbst wenn sie im Vorjahr angewendet wurde und diese Steuerbescheide nicht mehr änderbar sind. Der BFH weist darauf hin, dass die Voraussetzungen der Tonnagesteuer in jedem Veranlagungszeitraum ihrer Anwendung vollständig vorliegen müssen. Die Voraussetzungen sind also zeitraumbezogen. Hierzu zählt, dass die Gesellschaft im Jahr der Anschaffung des Schiffes (Erstjahr) berechtigterweise einen Antrag auf Anwendung der Tonnagesteuer gestellt hat. Hierbei handele es sich zwar um eine zeitpunktbezogene Tatsache, die nur im Jahr der erstmaligen Anwendung der Tonnagesteuer vorliegen müsse. Wenn das Finanzamt im Zuge der Überprüfung des Jahres 2009 aber zu dem Ergebnis komme, dass diese Voraussetzung im Jahr 2008 nicht vorgelegen habe, könne es die Anwendung der Tonnagesteuer verwehren, weil die zeitpunktbezogene Tatsache zeitraumbezogen überprüft werden könne. Selbst wenn die Prüfung der Voraussetzungen der Besteuerung (hier also der Antragsberechtigung) in Teilrechtskraft erwachse, ergebe sich aus dieser Teilrechtskraft in einem Jahr keine Bindungswirkung für die Folgejahre. 

Zusammengefasst: Das Finanzamt darf selbst nach erfolgter Prüfung für das Erstjahr die Anwendung des § 5a für jedes Folgejahr im relativ weiten Umfang überprüfen. 

Anmerkung

Im Ergebnis überrascht das Urteil nicht, gerade vor dem Hintergrund der verjährungsrechtlichen Besonderheiten. Es dürfte auch kein Zweifel daran bestehen, dass in Bezug auf die Anwendung der Tonnagesteuer der Vorjahresbescheid nicht Grundlagenbescheid für das Folgejahr ist. 

Die dauerhafte Überprüfbarkeit von besteuerungserheblichen Tatsachen auch in späteren Jahren mit Auswirkung auf diese Jahre dürfte hingegen nicht wirklich mit dem Konzept der Bestandskraft von Steuerbescheiden korrelieren. Inhaltlich durchbricht der BFH die Auswirkungen bestandskräftig gewordener Tatsachenfeststellungen. 

Hinweis

Die Besonderheit des Falles liegt in der Bestandskraft des Erstjahres, die nur wegen Untätigkeit der Betriebsprüfung eingetreten ist. Es sind aber auch andere Konstellationen denkbar: Da der BFH bei Veräußerungen von Schiffen nach weniger als einem Jahr Betriebsdauer die langfristige Betriebsabsicht verneint, können durchaus auch Fälle änderbar sein, in denen die Bestandskraft des Erstjahres regulär eintritt, und dann erst das Schiff im Laufe des Folgejahres veräußert wird. Es hilft also nicht, eine schnelle Veranlagung des Erstjahres zu bewirken, bevor das Schiff verkauft wird. Es wird zukünftig entscheidend auf das Zweitjahr ankommen!

Außerdem sind verschiedene Konstellationen vorstellbar, in denen die spätere Änderbarkeit zum Vorteil des Steuerpflichtigen wirkt, beispielsweise in Verlustsituationen. Der BFH hat hier eine Tür geöffnet, die er vermutlich nicht wieder verschlossen bekommt, wenn es zum Nachteil der Finanzverwaltung wirkt. 

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