Blogbeitrag
04.12.2024

Im Sommer 2024 hat die deutsche Bundesregierung, bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, den Regierungsentwurf zur CSRD-Berichterstattung verabschiedet und damit den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung europäischer Vorgaben (Richtlinie (EU) 2022/2464) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in deutsches Recht gestartet.

von
Dirk Joostberends

Die Richtlinie ist ein Element des „European Green Deal“ und verpflichtet große Unternehmen stärker als zuvor, transparent über unternehmensindividuelle Nachhaltigkeitsrisiken und entsprechende Auswirkungen zu berichten. Den Rahmen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung innerhalb des Lageberichts des Unternehmens bilden die „European Sustainability Reporting Standards“ (ESRS) die wiederum federführend von der „European Financial Reporting Advisory Group“ (EFRAG) im Auftrag der Europäischen Kommission erarbeitet werden. 

Der deutsche Mittelstand sieht sich mit großen Herausforderungen bei der Einführung der CSRD-Berichterstattung konfrontiert und steht, wie der Gesetzgeber, unter zeitlichem Druck. Für den Gesetzgeber begründet sich dies durch das im September 2024 eröffnete Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission, aufgrund der fehlenden gesetzlichen Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht. Eine frühzeitige Umsetzung durch die betroffenen Unternehmen ist dem Umstand geschuldet, dass die ESRS komplexe Erstellungsschritte vorsehen.  

Neben einem sogenannten Stakeholder-Involvement ist ein weiterer Bestandteil der Nachhaltigkeitsstandards beispielsweise die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. Unternehmen sollten im Anschluss an die Wesentlichkeitsanalyse eine Eingrenzung der (je nach Zählweise) über 1.184 Datenpunkte vornehmen können und mit der Erhebung der entsprechenden Daten beginnen. 

Die CSRD-Berichterstattung, die den Erstellungs- und Prüfungsprozess des Jahresabschlusses und Lageberichts wesentlich beeinflusst, macht eine schnelle und rechtssichere Umsetzung in nationales Recht unumgänglich. Kapitalmarkorientierte Unternehmen, die eine Umsetzung der EU-Richtlinie schon für das Geschäftsjahr 2024 vornehmen müssen, haben im Vertrauen auf den deutschen Gesetzgeber aufgrund ausschließlich europarechtlicher Vorgaben die oben skizzierten Schritte auf dem Weg zu einer richtlinienkonformen Nachhaltigkeitsberichterstattung abgeschlossen und stehen vor der finalen Umsetzung für die Berichtssaison 2025. 

Weitreichende Folgen für berichtspflichtige Unternehmen

Gleichwohl, durch den Bruch der Koalition im November 2024 steht der parlamentarische Betrieb in Berlin nun weitestgehend still. Die verbliebenen regierungstragenden Fraktionen, bestehend aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen, verfügen über keine eigene parlamentarische Mehrheit im Deutschen Bundestag. Mit einer zügigen Umsetzung des Gesetzesentwurfs ist für das Jahr 2024 daher nicht mehr zu rechnen. Es bleibt abzuwarten, ob eine Umsetzung noch vor den Neuwahlen im Februar 2025 stattfindet. Am wahrscheinlichsten ist eine parlamentarische Befassung mit der CSRD-Richtlinie erst nach der Bildung einer neuen Bundesregierung im Frühjahr 2025. 

Der politische Stillstand in Berlin hat für berichtspflichtige Unternehmen weitreichende Folgen! Für kapitalmarktorientierte Unternehmen gilt ohne eine entsprechende Umsetzung in nationales Recht weiterhin die „Nichtfinanzielle Berichterstattung“ (NFRD), die in ihrer Komplexität weit weniger Berichterstattungspflichten formuliert. Ein juristisches Gutachten im Auftrag des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), dessen Ergebnisse dem Berufsstand via Mitgliederrundschreiben übermittelt wurden, kommt zu dem Schluss, dass eine freiwillige Umsetzung der CSRD-Berichterstattung im Rahmen der NFRD möglich ist. Eine Berichtspflicht im Rahmen der CSRD-Richtline für das Jahr 2024 aufgrund einer gesetzlichen Umsetzung erst im Jahr 2025 hält das angesprochene Gutachten für nicht möglich.  

Für große nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ändert sich im Ablauf und in der Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung trotz der Regierungskrise in Berlin zunächst nichts. Die Verpflichtung zur Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2025 erfolgt mit dem Lagebericht 2025 im Jahr 2026. Sollte die CSRD-Richtlinie den nationalen Gesetzgebungsprozess im Jahr 2025 erfolgreich durchlaufen, bleibt es bei dem ursprünglichen Zeitplan. Von einem einheitlichen Bild der Berichterstattung für das Jahr 2024 durch kapitalmarktorientierte Unternehmen kann nicht mehr die Rede sein. Der Vorteil der stufenweisen Einführung als mögliche Orientierungshilfe für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen geht somit teilweise verloren. 

Große Unternehmen, die sich im Umsetzungsprozess der CSRD-Richtlinie befinden, sollten weiterhin ihren gesteckten Implementierungspfad fortsetzen und frühestmöglich mit der Datenerhebung beginnen. So ist gewährleistet, rechtzeitig auf mögliche Herausforderungen zu reagieren. Beispielsweise können Unternehmen zu der Erkenntnis kommen, dass die im Unternehmen bereits ermittelten Treibhausgasemissionen nicht den Anforderungen der ESRS entsprechen und eine Anpassung der Datenerhebung notwendig ist. 

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