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Blogbeitrag
10.07.2025

In der Praxis führt der Vorsteuerabzug und dessen Berichtigung nach § 15a UStG vielfach zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung. Die OFD Baden-Württemberg beschäftigte sich erneut mit § 15a UStG. Dabei nahm sie Ergänzungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass im Zusammenhang mit der Vorsteuerberichtigung bei Änderung der rechtlichen Beurteilung vor. Nachfolgend wird ein Blick auf die aktuelle Regelung geworfen.

Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist bei Wirtschaftsgütern, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, vorzunehmen, wenn sich die Verhältnisse innerhalb des maßgebenden Berichtigungszeitraums ändern. Maßgebender Berichtigungszeitraum sind dabei zehn Jahre bei Grundstücken und Gebäuden auf fremdem Grund und Boden, im Übrigen grundsätzlich fünf Jahre.

 Eine Änderung der Verhältnisse liegt bei vermieteten Immobilien klassischerweise vor, wenn sich das Verhältnis zwischen Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, und den Vorsteuerabzug zulassenden Umsätzen verändert und sich damit ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug im Vergleich zum ursprünglichen Vorsteuerabzug ergibt. 

Eine Änderung der Verhältnisse tritt auch bei gleichbleibender Verwendung ein, wenn sich die rechtliche Beurteilung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs später als unzutreffend erweist, die ursprüngliche Steuerfestsetzung für das entsprechende Kalenderjahr aber bereits bestandskräftig und unabänderbar ist. Wenn noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten wäre, stünde die Korrektur des ursprünglichen Kalenderjahres an. 

Nicht ausschlaggebend ist der Grund für die unzutreffende Beurteilung im ursprünglichen Kalenderjahr (z. B. wenn von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen wurde). 

Beispiel (vgl. BFH vom 11.12.2024, XI R 4/23): Dies ist denkbar, wenn ein ursprünglich 100-prozentiger Vorsteuerabzug aus dem Bezug einer Hackschnitzeltrocknungsanlage zu korrigieren ist, da finanzgerichtlich erst nach Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist für die ersten Betriebsjahre festgestellt wird, dass eine nichtunternehmerische Verwendung vorliegt, soweit die Wärme unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. 

Grundsätzlich sind solche Berichtigungen aufgrund des verlängerten Berichtigungszeitraums von zehn Jahren insbesondere bei Grundstücken und Gebäuden auf fremden Grund und Boden für eine gewisse Anzahl Restjahre des Berichtigungszeitraums möglich. Bei anderen Wirtschaftsgütern ist aufgrund des in der Regel bereits abgelaufenen Berichtigungszeitraums von fünf Jahren keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs mehr möglich.

Beispiel (vereinfacht)

Der deutsche Unternehmer (UDE) errichtet im Jahr 2019 ein Gebäude, das später tatsächlich zu 60% steuerpflichtig vermietet wird. In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2019, die UDE in 2020 abgibt, zieht UDE - im Nachhinein zu Unrecht - 100% der Vorsteuer aus den Herstellungskosten ab (100.000 €), was im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Kalenderjahr 2025 auffällt. Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wurde weder vorsätzlich noch fahrlässig in unzutreffender Höhe geltend gemacht (Achtung: ansonsten verlängerte Festsetzungsfrist!). Zum 1. Januar 2020 wird das Gebäude erstmalig genutzt. Der Vorsteuerabzug im Kalenderjahr 2019 wurde fehlerhaft beurteilt, da nach tatsächlichen Verwendungsverhältnissen lediglich 60% der Vorsteuerbeträge abziehbar waren (und nicht 100 %). Für die Umsatzsteuer 2019 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2024 Festsetzungsverjährung ein. Eine Korrektur des Kalenderjahres 2019 ist daher ab 1. Januar 2025 nicht mehr möglich. Da die Steuerfestsetzung des Kalenderjahres 2019 aufgrund der eingetretenen Festsetzungsverjährung nicht mehr geändert werden kann, ist lediglich ab dem Kalenderjahr 2025 bis zum Ende des Berichtigungszeitraums der Vorsteuerabzug gem. § 15a UStG zu berichtigen. Müsste UDE den ursprünglichen Vorsteuerabzug berichtigen, wäre eine Rückzahlung der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuer in Höhe von insgesamt 40.000 € fällig. Der Berichtigungszeitraum beginnt im Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung (hier: 1. Januar 2020), so dass zum 1. Januar 2025 bereits fünf Jahre abgelaufen sind. Für die restlichen 5 Jahre des Berichtigungszeitraums hat UDE jährlich 4.000 € gem. § 15a UStG zu berichtigen (100.000 € * 1/10 [Berichtigungszeitraum] * 40% [Änderung der Verhältnisse von 100 % Vorsteuerabzug auf 60 % tatsächlichem Vorsteuerabzug] = 4.000 €, ggf. in Monatsbeträge heruntergebrochen). Insgesamt zahlt UDE also (nur) 20.000 € des zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbetrags zurück.

Wie das Beispiel verdeutlicht, ist der Unterschied zwischen vermeintlich infrage kommender und tatsächlich rechtlich möglicher Vorsteuerberichtigung signifikant. Die deutlich geringere Zahllast als Folge nur der nicht festsetzungsverjährten, relevanten Jahre des Berichtigungszeitraums zeigt an, in ähnlich gelagerten Fällen aufmerksam zu sein. Es gilt zu verhindern, dass nicht auch Berichtigungen für die bereits festsetzungsverjährten Jahre vorgenommen werden sollen.

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