Anwendungsbereich des BFSG
Ziel des BFSG ist es, Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen den gleichen Zugang zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen zu ermöglichen wie anderen Nutzern. Betroffen sind unter anderem der Zugang zu
- bestimmten Produkten nach § 1 Abs. 2 BFSG, wie Computer, Mobiltelefone, E-Books, Smart-TVs oder Selbstbedienungsterminals,
- Telekommunikationsdiensten (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 BFSG),
- Verkehrs- und Ticketbuchungssystemen (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BFSG),
- Bankdienstleistungen (z. B. Geldautomaten und Online-Banking; § 1 Abs. 3 Nr. 3 BFSG),
- E-Books (und dafür bestimmte Software; § 1 Abs. 3 Nr. 4 BFSG) sowie
- Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BFSG).
Insbesondere die Umschreibung „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“ erfasst eine Reihe von gewerblichen Tätigkeiten. Nach § 2 Nr. 26 BFSG i.V.m. § 1 Abs. 4 Nr. 1 DDG, Art. 1 Abs. 1 b) RL (EU) 2015/1535 sind dies Dienstleistungen, die in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf erbracht werden. Dazu zählen insbesondere Webshops, über die Verbraucher Waren erwerben können.
Einige Literaturstimmen und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) betrachten (allerdings noch ausgehend von dem Begriff „Telemedien“, der bereits durch eine Änderung im BFSG durch den Begriff „Digitale Dienste“ nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 DDG ersetzt wurde) auch Buchungsportale für anschließende Vor-Ort-Dienstleistung als Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr. Aufgrund der zwischenzeitlichen Änderungen der Begrifflichkeiten ist jedoch anzunehmen, dass diese Auffassung zu weitgehend ist, und nur dann eine solche vorliegt, wenn die Dienstleistung selbst digital erbracht wird, nicht jedoch, wenn diese nur auf elektronischem Wege angebahnt wird.
Hervorzuheben ist, dass Webseiten originär nicht dem BFSG unterfallen. Erst wenn über diese Dienstleistungen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1-5 BFSG erbracht werden, müssen die Anforderungen des BFSG erfüllt werden. Ausnahmen bestehen zudem für bestimmte Produkte und digitale Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 entwickelt oder neu auf den Markt gebracht werden.
Adressatenkreis des BFSG
Das BFSG gilt für alle Wirtschaftsakteure, damit Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer, Händler und Dienstleistungserbringer, die Produkte oder Dienstleistungen im Markt anbieten. Dienstleistungserbringer sind nach § 1 Abs. 3 BFSG jedoch nur betroffen, wenn sie ihre Dienstleistung gegenüber Verbrauchern erbringen.
Zudem sind auch Kleinstunternehmer, die weniger als zehn Personen beschäftigen und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme höchstens 2 Millionen Euro beträgt, von dem Großteil der Regelungen des BFSG ausgenommen.
Anforderungen an die Barrierefreiheit
Produkte und Dienstleistungen sind barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Diese Anforderungen konkretisiert die Barrierefreiheitsstärkungsverordnung (BFSGV). Zusätzlich sind Dokumentations- und Informationspflichten zu beachten.
Für digitale Inhalte werden daher internationale Standards für Barrierefreiheit relevant, sodass Webseiten der Norm EN 301 549 und damit in Teilen WCAG 2.1. entsprechen sollten. Dies umfasst beispielweise den Aspekt, dass Webseiten über alternative Eingabemethoden, z. B. die Tastatur bedient werden können.
Rechtliche Konsequenzen
Verstöße gegen das BFSG können mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 EUR belegt werden. Neben der Marktüberwachungsbehörde können auch Verbraucher, anerkannte Verbände oder qualifizierte Einrichtungen Verwaltungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das BFSG einleiten. Außerdem stellen die Vorschriften des BFSG auch Marktverhaltensregeln dar, die nach § 3a UWG abmahnbar sind.
Fazit: Jetzt handeln
Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Pflichten des BFSG erfüllt werden, da Verstöße andernfalls Bußgelder oder Abmahnungen nach sich ziehen können. Wer jetzt handelt, kann jedoch nicht nur die gesetzlichen Anforderungen rechtzeitig erfüllen, sondern auch Vorteile wie eine weitergehende Nutzerfreundlichkeit der Produkte und Dienstleistungen sichern und einen wichtigen Beitrag zu einer inklusiveren Gesellschaft leisten.
Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung, sondern liefert nur einen allgemeinen Überblick über die Regelungen des BFSG.
Über die Autorin: Ruth Greve ist Rechtsanwältin bei der PKF FASSELT Partnerschaft mbB Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Rechtsanwälte (Mitgliedsunternehmen des PKF-Netzwerkes).